Der BVB verliert völlig verdient das Derby beim Tabellenletzten mit 0:2 und zeigt: Es kann nicht am Trainer liegen! Lissabon war wohl ein Ausrutscher.
Wieder einmal bewirbt sich Borussia Dortmund um den Titel des Seelsorgers der Bundesliga. Nach der Niederlage in Kiel wird auch dem VfL Bochum ein Erfolgserlebnis gegönnt und die Euphorie an der Castroper Straße für das letzte Saisondrittel so richtig schön belebt.
Wer das Spiel im Ruhrstadion verfolgt hat kann zwei Dinge festhalten: An den schwarzgelben Fans kann es nicht liegen und vermutlich auch nicht am Trainer. Die Fans zeigten sich deutlich stimmgewaltiger als die Anhänger des VfLs – zumindest bis in die zweite Halbzeit hinein. Und bereits unter Sahin hat der BVB solch leblose Vorstellungen geboten. Der Trainerwechsel ist in jedem Fall verpufft, wenn man sich einen schnellen Erfolg versprochen hatte. Die Statistiker haben gefunden, dass es 40 Jahre her ist, dass ein neuer BVB-Trainer die ersten beiden Ligaspiele vergeigt hat. Glückwunsch Herr Kovac – so was sieht mal also selten in Dortmund!
Man hat’s gewusst und nicht umgesetzt
Nach dem Spiel sagte BVB-Keeper Kobel, man habe gewusst, was einen in Bochum erwartete. Der Trainer habe es deutlich angesprochen. Es sei ihm unverständlich, warum man dann so ein Spiel abliefere. Auch Innenverteidiger Schlotterbeck fand deutliche Worte. „Egal wer da draußen sitzt, wir Spieler auf dem Platz müssen das regeln.“ Und das habe man zum siebten oder achten Mal nicht hinbekommen. Das sei tragisch und jeder Spieler müsse sich fragen, was er besser machen könne.

Der VfL ging ohne vier Stammspieler aber mit deutlich mehr Leidenschaft und Feuer in das Match. Die ersten zehn Minuten bekam der BVB keinen Stich. Wobei spielerisch war das der Bochumer Ruhrgebiets-Hausmannskost: Kampf, Rennen und harte Zweikämpfe. Da fehlte es ein bisschen bei den Schwarzgelben. Danach bekam der BVB das Spiel besser in den Griff, erspielte sich für 20 Minuten ein optisches Übergewicht, ohne allerdings echte Torchancen zu kreieren. Und nach einer halben Stunde kam es wie es vermutlich kommen musste, wie die Pessimisten schon vorher wussten. Zunächst gab es einen Freistoß für den BVB an der Strafraumecke der Bochumer. Vielversprechend nennen das Viele. Jämmerlich nennen viele das, was der BVB mit einem Schuss in die Mauer draus machte.
Bologna lässt grüßen
Der Sekundenzeiger war gerade einmal rumgelaufen, da erzielte der VfL Bochum das 1:0. Can war zu weit vorn, die Innenverteidigung entblößt und Hofmann erhält einen Steckpass, den er aus halblinker Position auf Tor bringt, an Kobel vorbei. Selbst wenn Masouras den noch über die Linie drückt, der Fehler war zuvor passiert. Und diesmal drehte der Sekundenzeiger gerade zweimal rum da stand es bereits 2:0 für die Gastgeber. Süle – als Rechtverteidiger für den gesperrten Ryerson auf dem Platz, war unter Druck geraten und servierte Bochums Masouras einen herrlichen Steilpass in den freien Raum. Der Bochumer Stürmer ganz allein vor Kobel bedankte sich artig und knallte das Runde humorlos ins Eckige.

Die BVB-Fans waren stark an Bologna erinnert, wo die Mannschaft noch vor kurzem ebenfalls in wenigen Sekunden den Sieg wegwarf und sich zwei eher lächerliche Gegentore einfing. Nun war ja noch rund eine Stunde zu spielen. Da könnte noch etwa gehen, schließlich hat das Kellerkind auch im Hinspiel im Westfalenstadion mit 2:0 geführt und verlor dann noch mit 4:2.
Der BVB übernahm auch noch einmal das Kommando und hatte tatsächlich so etwas wie Chancen. Guirassy nahm aus 09 Metern einen hoch auftropfenden Ball volley und schoss ihn über das Tor. Beim nächsten Mal schoss er aus 2 Metern knapp daneben und schließlich köpfte Schlotterbeck nach einer Ecke knapp darüber. Trotz 0:2 ging man als Fan noch zuversichtlich in die Pause, war doch die zweite Halbzeit in Lissabon auch die bessere.
Wechsel bewirken gar nichts
Doch diese zweite Halbzeit war eher, wie die zweite Halbzeit in Bologna: Der BVB kriegte nichts mehr auf die Kette, ließ sich von den aufgestachelten Bochumern den Schneid abkaufen. Jeder konnte auch sehen, wie wenig Wirkung aktuell Wechsel beim BVB haben. Den Trainerwechsel merkte man dem Spiel in keiner Sekunde an. Die 5 (!) Auswechslungen des Trainers blieben heute ebenso wirkungslos. Zunächst musste Sabitzer seinen Platz an Özcan abgeben, ohne dass das irgendetwas veränderte. Özcan war genauso wenig am Spiel beteiligt wie zuvor der Österreicher. Gittens wurde durch Beier ersetzt, der ebenfalls keine Chance und keine Flanke zustande brachte. Duranville kam für Adeyemi und lief sich genauso fest wie sein Vorgänger. Cuoto übernahm für Süle und baute einen ähnlichen Bock, bei dem Kobel gegen Masouras gerade noch das 3:0 verhindern konnte. Und auch der für den blassen Groß gekommene Reyna hatte keine wirklich nennenswerte Aktion. Traurig!

Da plätscherte das Spiel ein wenig dem Ende entgegen, viele hatten sogar den Eindruck, dass der VfL Bochum mit seinem Kontern die besseren Chancen hatte. Wobei das nicht so schwierig gewesen ist, da der BVB im Prinzip keine einzige wirkliche Chance herausgespielt bekam. Alles was in Strafraumnähe kam, verteidigten die Bochumer mit großem Kampf und bescherten ihrem Ersatztorwart Horn einen eher entspannten Nachmittag.
Sprüche so enttäuschend wie die Leistung
Insgesamt war es ein blamabler Auftritt des BVB im Revierderby. Die Appelle von Schlotterbeck „wir müssen dringend etwa ändern“ sind genau wie die überschaubaren Leistungen jede Woche auf Neue zu hören bzw. zu sehen. Borussia verpasste eine weitere Möglichkeit nach oben ranzupirschen. Leipzig spielt unentschieden, Stuttgart verliert und Dortmund verliert natürlich auch – beim Tabellenletzten.
Neben den Bochumern werden sich auch die Fans von Sporting über den schwachen Auftritt gefreut haben, kann er doch dem eigenen Team Hoffnung, machen, am Mittwoch gegen solch einen Gegner noch ein 0:3 aufholen zu können. In der Liga ist Augsburg nur noch einen Punkt hinter dem BVB, der sich sogar um Platz 11 sorgen muss.
Text: Andreas Römer, Fotos: Kirchner-Media