BVB ringt Union Berlin nach starker zweiter Halbzeit mit 4:2 nieder. Zur Pause hatte Borussia noch 1:2 zurückgelegen.

Natürlich sollte es für die Schwarzgelben den nächsten Dreier geben, immerhin hat Union noch kein Ligaspiel gegen den BVB gewonnen und in Dortmund noch nicht einmal einen Punkt ergattern können. Doch die Skeptiker unter den Fans ahnten Böse, hat Borussia in den letzten Jahren, doch so manchem in der Krise befindlichem Verein mit Punktegeschenken geholfen.

Erstmals in der Saison saß Brandt zu Beginn auf der Bank und auch Özcan musste draußen bleiben. Dafür waren Bynoe-Gittens und Nmecha auf dem Platz. Wie erwartet spielte Wolf für den gelb-rot-gesperrten Bensebaini. Natürlich war die Hütte wieder ausverkauft und 81.365 Fans freuten sich im Westfalenstadion auf ein Spiel zwei Champions League-Teilnehmer. Apropos Westfalenstadion: Selbst Claus Lufen von der ARD nannte das schönste Stadion der Welt in seinem Spielbericht einfach nur „Westfalenstadion“ – guter Mann!

Standards auf beiden Seiten

Doch zum Spiel: Borussia verbuchte fast 70 Prozent Ballbesitz in der ersten Hälfte, wollte oder konnte daraus aber viel zu wenig machen. Ein Eckball – hört, hört, – brachte die frühe Führung. Im Gerangel im Berliner Strafrauf hinderten sich Leite und Bonucci gegenseitig, so dass Füllkrug im Fünf-Meter-Raum ganz frei und allein die Hereingabe von Reus per Kopf verarbeiten konnte. Den ersten Ball konnte Rönnow noch halten, den Nachschuss setzte Füllkrug aber dann doch in die Maschen.  Ein Start nach Maß möchte man meinen.

Torhüter Kobel kommt zu spät - der Ball ist hinter Linie.
Kobel kann das abgefälschte Ding nicht mehr erwischen.

Union brauchte auch nur den ersten Eckball, stolze zwei Minuten später, um direkt den Ausgleich zu schaffen. Gosens verarbeitet die Ecke von Trimmel köpfte auf Füllkrug, der den Ball unhaltbar für Kobel ins lange Eck verlängerte. 1:1 und noch keine zehn Minuten gespielt – was sollte da noch kommen?

Der Keller ruft

Der geschäftigste Mann der ersten Halbzeit war gar nicht im Stadion, sondern saß in einem Kölner Keller. Bastian Dankert war der Videoschiedsrichter, dem allein nach der 20. rund zehn Minuten der ersten Halbzeit gehörten. Die Fans auf beiden Seiten waren sich einig: „Scheiß DFB“! Beim vermeintlichen Führungstreffer durch Kral – ausgerechnet ein Ex-Schalker – brauchte Dankert über vier Minuten bis er auf Abseits entschied. Der BVB im doppelten Glück, zum einem die Schlafmützigkeit hinten nicht bestraft und die Schmach, dass ein ehemaliger Blauer hier trifft auch abgewendet.

Schiedsrichter macht das "Okay-Zeichen".
Schiedsrichter Patrick Ittrich in Kontakt mit dem Keller.

Dass kurz danach auch Füllkrug nach Freistoß von Reus im Abseits gestanden haben soll, wollten naturgemäß die Schwarzgelben auf der Süd nicht wahrhaben. Doch statt 1:2 oder 2:1 stand es weiter 1:1 – der Keller hatte entschieden. Die ärmste Sau war dabei Schiri Ittrich, der wie schon in der ersten Situation hilflos schulterzuckend im Mittelkreis auf die Ansage in seinem Ohrhörer wartete. Und wieder nur wenige Minuten später durfte dann Ittrich nach Durchsage aus dem Kölner Keller selbst noch mal draufgucken und gab tatsächlich den Elfmeter für Union. Hummels gegen Becker – zurecht Elfmeter. Und Bonucci ließ sich nicht lange bitten und stellte doch noch auf 1:2

Der Schlüssel lag in der Kabine

So ging es auch in die Pause, weil Borussia nach vorn wie schon in den letzten Spielen zu wenig einfiel. Bynoe-Gittens rannte sich wieder fest, Malen hatte eine Schusschance und die beiden Außenverteidiger brachten nicht eine von Füllkrug geforderte Flanke zum Mittelstürmer. Das Mittelfeld mit Nmecha und Can war wieder zu brav, zu wenig mit Bälle in die Spitze.

Edin Terzic fand aber in der Kabine den Schlüssel zum Erfolg. Er brachte Brandt für Bynoe-Gittens, „um in der Mitte Überzahl zu schaffen“. Zudem stellte er hinten auf Dreierkette um. Can rückte nach ganz hinten, Schlotterbeck (links) und Hummels sollten mehr für den Aufbau tun und die Außenverteidiger noch höher stehen.

Auch Schlotterbeck agierte deutlich weiter vorn und als er in der 50. Minute gut 20 Meter vor dem Union-Tor war – eigentlich zu weit vorn für seine langen Bälle auf die andere Seite – haute der das Runde einfach mal sehenswert ins Eckige. Rönnow hatte keine Chance, als der Ball oben rechts in den Winkel rauschte.

Konter im eigenen Stadion

Julian Brandt jubelt nach seinem Tor zum 3:2.

Berlin blieb aber durchaus gefährlich. So musste Can in letzter Sekunde gegen Becker klären und die Ecken der Berliner sind ja durchaus bekannt. Doch ausgerechnet eine solche führte zum Dortmunder Führungstreffer: Brandt schlug den Ball etwas ungestüm aus dem Strafraum, Reus nahm ihn auf und spurtete 40 Meter mit dem Ball in Richtung Südtribüne, passte zum mitgelaufenen Brand, der aus 14 Metern keine Mühe hatte zum 3:2 einzuschießen. Nur zehn Minuten nach der Pause war das Spiel gedreht.

Scheiße am Fuß

Den Deckel drauf machte dann Ryerson eine Viertelstunde später. Reyna im Zusammenspiel mit Brandt prüfte Rönnow, den Abpraller nahm Ryerson aus 20 Metern auf und schoss einfach mal. Rönnow hätte das Ding sicher pariert, doch Gosens flog dazwischen, fälschte unhaltbar ab und mancher Berliner wird an den einstigen Spruch von Andy Brehme gedacht haben: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“ Die siebente Niederlage schien greifbar nah.

Danach plätscherte das Spiel dem Ende entgegen. Der BVB siegte zum vierten Mal in Folge, ist in dieser Bundesligasaison weiter ungeschlagen und empfängt am nächsten Spieltag an einem Freitagabend Werder Bremen. Freitagabendspiele hat der BVB seit gefühlt einhundert Jahren nicht verloren – freuen wir uns drauf.

Text: Andreas Römer, Bilder: David Inderlied