Das war ein zähes Stück Arbeit. Der BVB schlägt im ersten Saisonspiel Eintracht Frankfurt mit Mühe 2:0 und startet damit zum 10. Mal hintereinander mit einem Sieg in die Bundesligaspielzeit.
Aus dem Westfalenstadion berichtet Andreas Römer
Noch war längst nicht alles gut, was der BVB beim ersten Heimspiel vor – na klar – ausverkauftem Haus anbot. Niemand hätte sich über das erste 0:0 gegen Eintracht Frankfurt seit 1990 beschweren dürfen. Zwischendurch war es schon etwas dürftig, was die Schwarzgelben ihren Fans boten. Apropos Fans: Die hatten alle ziemlich Bock auf die neue Saison. Viele hatten noch mal die alten Trikots rausgeholt mit Sahin und Piszczek hinten aufgedruckt. Die Choreo zum Auftakt, machte richtig gute Laune und die gelbe Rauchwolke über dem Stadion war sicher weit zu sehen. Da auch die Gästefans aus Frankfurt zahlreich und stimmgewaltig mitmischten war die Stimmung blendend.
You never walk alone Solingen
Aber vor dem Spiel gab es auch ein Moment des Gedenken, an die Menschen, die auf dem 650-Jahr-Fest in Solingen einem Terroranschlag zu Opfer gefallen waren. „You never walk alone“ widmete das Stadion den Menschen in der Klingenstadt.
Zurück zum Sport: Der BVB stand hinten einigermaßen sicher, fand in der ersten Halbzeit aber den Weg zum Tor von Eintracht Frankfurt nicht. Neuzugang Pascal Groß war wichtigste Anspielstation, holte sich quasi jeden Ball hinten ab, um ihn weiter zu verteilen. Dreieck bilden, den Gegner ausspielen – das klappte ganz gut. Die Dreieinhalber-Kette zeigte sich souverän im Passspiel und half sich gegenseitig, wenn mal einer der schnellen Frankfurter Stürmer durchkam. Dreieinhalb? Anton Süle und Schlotterbeck bildeten eine Dreikette, die immer wieder von Ryason auf der rechten Seite unterstützt wurde. Eigentlich sollte der Norweger aber auf der Außenbahn mehr Druck nach vorn machen.
Nicht nur das haute nicht so richtig hin. Nach vorsichtigem Abtasten hatte Frankfurt in der ersten halben Stunde mehr vom Spiel, ohne allerdings echte Torchancen zu erspielen. Doch 6:0 Ecken für die Gäste drückten die Überlegenheit schon ein bisschen aus. Der BVB fand keinen Weg aus der eigenen Hälfte. Ja, die Gäste schafften in dieser Phase ein bisschen Unruhe im Borussenlager, aber mehr war es dann doch nicht. Kobel musste nicht einen Ball halten.
Vorn zu dünn
Das Ganze gefiel Neutrainer Sahin nicht so recht, wild gestikulierend versuchte er, sein Team zu ordnen. Nach gut 30 Minuten übernahmen die BVB-Kicker dann zwar das Kommando, aber erfolgreicher in Punkto Torgefahr waren auch sie nicht. Allerdings war die Situation jetzt anderes herum. Die Eintracht kam kaum einmal über die Mittellinie und Trainer Toppmöller wedelte mit den Armen an der Seitenlinie. Aber mehr als zwei Ecken als Erfolgserlebnis sprangen bis zur Pause auch nicht raus. Zu uninspiriert waren die Jungs der Offensivabteilung. Malen für Gittens in die Startelf gekommen, konnte sich nicht einmal im eins gegen eins durchsetzen, blieb blass. Brandt und Sabitzer suchten irgendwie ihre Rolle waren viel unterwegs, fanden aber den anderen oder die anderen in der vorderen Reihe nicht. Adeyemi mal wieder als Sturmspitze aufgeboten, hatte einen gebraucht Tag erwischt. Er war durchaus fleißig aber sagen wir unglücklich. Immer wieder sprang ihm der Ball zu weit vom Fuß und schon war die Aktion verpufft.
Stiller aber deutlicher Protest
Das Bündnis Südtribüne hatte zur Pause Protest gegen den Sponsor-Deal mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall angekündigt, ohne Genaues bekannt zu geben. So war man gespannt, welche Form der Protest denn wohl haben würde. In der Sache war die Haltung der Fans deutlich: Kein Deal mit dem Rüstungskonzern! Es blieb aber ein stiller Protest. Lediglich eine Vielzahl an Spruchbändern brachte die Wut der Anhänger zum Ausdruck. „20 Millionen voll mit Blut“ oder „Wir lassen uns nicht vor euren Panzern spannen“ lauten zwei der vielen Protestansagen.
Nach der Pause kamen beide Team zunächst unverändert wieder auf den Platz. Der BVB suchte allerdings mehr die Offensive. Brandt versuchte es zweimal und auch die Eintracht zwang mit Marmoush tatsächlich einmal Kobel zum Eingreifen. Immerhin sahen die 81.000 jetzt mal so etwas wie Torchancen, nicht viel, aber der Fan freut sich.
Sturmbelebung
Nach einer knappen Stunde brachte Sahin dann endlich etwas mehr Leben in den Angriff seiner Borussia. Gitten und Beier ersetzten Malen und Adeyemi. Kurz darauf wechselte auch Toppmöller. Unter anderem kam Nkounku für den Belgischen Nationalspieler Theate, der seine Sache bis dahin wirklich ordentlich gemacht hatte. Allerdings hätte Nkounku fast die Führung für sein Team vorbereitet. Mit seinem ersten Ballkontakt spielte den Ball in den Fünfmeterraum und fand völlig freistehend Chaibi. Der war aber offensichtlich genauso überrascht wie alle Dortmunder Abwehrspieler, dass er den Ball aus vier Metern deutlich über das Tor haute.
Im Gegenzug machte es der andere eingewechselte Spieler besser: Jamie Gittens, den der BVB bei der Aufstellung immer noch als Bynoe-Gittens führte, nahm sich ein Herz, wackelte seinen Gegenspieler aus und jagte das Runde genau oben ins Eckige. 1:0 nach 72 Minuten. Das Westfalenstadion tobte.
Zehn Minuten später holte Sahin mit Can und Sabitzer zwei weitere Spieler vom Feld. Ersetzt wurden sie durch Nmecha und Reyna. Die Kapitänsbinde übernahm Brandt. Diese durfte er stolze vier Minuten tragen, dann wurde er selbst ausgewechselt und Schlotterbeck übernahm die Binde. Den Platz von Brandt übernahm Bensebaini.
Supergrätsche und Torvorlage
Frankfurt warf nun alles nach vorn, hatte aber selbst keinen, der für Torgefahr sorgte. Das übernahm dann unfreiwillig BVB-Innenverteidiger Anton. Der eingewechselte Knauf hatte flach und wuchtig in den Strafraum geschossen und Anton wurde getroffen. Von seinem Bein kullerte der Ball ganz knapp am Pfosten vorbei. Es war schon in der dritten von vier Minuten Nachspielzeit angezeigt als die Frankfurter schon wieder in den BVB-Strafraum drängten. Bensebaini packte da die Monstergrätsche aus – die Eintracht forderte Elfmeter, Bensebaini stand auf, übernahm den Ball und schickte Gittens auf die Reise. Der lief quasi allein auf das Tor zu, konnte sich aussuchen, ob er es selbst versucht oder rechte den mitgelaufenen Beier bedient. Offensichtlich voller Selbstvertrauen, machte er noch zwei schnelle Schritte an Tuta vorbei und schob unter Trapp zum 2:0 Endstand ein.
Es war ein hart erkämpfter Sieg. Der BVB zeigte sich hinten stabil und vorn durchaus noch mit Luft nach oben. Insgesamt hatte Trainer Sahin also nicht nur den Geburtstag seiner Tochter zu feiern, sondern auch die ersten drei Punkte als Bundesligatrainer.
Andreas Römer (Text), Fotos: Bahho Kara/Kirchner-Media