Borussia Dortmund jubelt zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder in einem Bundesligaspiel bei Bayern München. Ein am Ende hochverdienter 2:0-Sieg tilgt endlich bei vielen Fans die schlimmen Erinnerungen an die teils furchtbaren Niederlagen in den letzten Jahren.

Noch ist nicht April, doch viele sprachen bereits vor dem Spiel von dem wichtigen Monat April, wo die Mannschaft von Edin Terzic mit Bayern, Stuttgart, Atletico, Leverkusen und Leipzig Hammeraufgaben vor der Brust hat. Immerhin vier der ersten fünf der Bundesliga sowie das Schwergewicht aus Spanien im Viertelfinale der Champions League. Also egal, dass das Spiel in der Münchener Arena kurz vor dem Start des Monats war – jeder wird das als einen tollen Auftakt in den April nehmen und hoffen, die Borussia kann die anderen Spiele ebenfalls so erfolgreich gestalten.

Denn der Sieg bei dem Meister der letzten elf Jahre war nicht nur Labsal für geschundene Fan-Seelen, vielmehr zeigte sich der BVB in Klasseform, überzeugte mit mannschaftlicher Geschlossenheit, mit einer klaren Spielidee und hätte sicher auch noch höher gewinnen können. Das gehört nämlich zur Wahrheit dazu: Die Bayern sind weit weg von ihrer Bestform. Doch jede Mannschaft kann auch nur so gut sein, wie es der Gegner zulässt. Und die Borussia hat heute fast nichts zugelassen. Ernsthaft geprüft wurde zum Beispiel Torhüter Meyer erst in der 75. Minute, als er einen Schuss von Coman aus der zweiten Reihe über das Tor lenken musste.

Mannschaftliche Geschlossenheit

Borussia verteidigte von der ersten Minute kompakt. Alle Spieler arbeiteten nach hinten, ließen keine freien Räume zu und wenn etwas in den Strafraum kam, waren mit Hummels und Schlotterbeck zwei Innenverteidiger zur Stelle, die einen echten Sahnetag erwischten und grandios spielten.  Aber auch alle anderen zeigten sich in der Rückwärtsbewegung auf der Höhe und kauften den Gastgeberns schnell den Schneid ab. Und das alle mit viel Einsatz und jeder Menge Kampf, doch immer fair. So gab es nicht ein Gelbe Karte im Spiel.

„Wir haben als Mannschaft einen großen Auftritt hingelegt“, sagte Hummels nach dem Spiel vor den Fernsehkameras. Man habe im Verbund stark verteidigt und alle zusammen hätten gezeigt, was man könne. „Den Sieg haben sich die Jungs wirklich verdient“, war auch Sportdirektor Kehl voll des Lobes und machte allen Fans Hoffnung mit der Aussage, man habe noch viel vor – zum Beispiel in der Champions League.

Karim Adeyemi -Torschütze nach 09 Minuten.

Überhaupt die Fans. Sicher kommt es nicht so häufig vor, dass die Gästefans, die Arroganz-Arena in München „übernehmen“. Doch schon nach 20 Minuten zeigten sich die gut 8.000 Schwarzgelben als deutlich überlegen, übertönten immer mal wieder die Bayern-Gesänge und übernahmen in der Schlussviertelstunden komplett das Stadion. Sowie ein starkes Signal der schwarzgelben Anhängerschaft, in solcher Stärke in München zu erscheine. Echte Lieben eben! Es hätte  ja nicht verwundert, wenn der eine oder die andere nach den wirklich grausamen „Watsch’n“, die es in letzten Jahren in München gesetzt hat, Ostern vielleicht mal auf die Reise gen München verzichtet hätte. Doch die, die dabei waren, haben natürlich aus schwarzgelber Sicht alles richtig gemacht.

Hummels und Schlotterbeck überragend

Der BVB, prima eingestellt von Trainer Terzic, übernahm nach 09 Minuten die Show. Schlotterbeck durchkreuzte einen Müller-Pass, über Can, Brand, Füllkrug, wieder Brand lief der Konter schließlich auf Adeyemi, der seine Schnelligkeit ausspielte und aus spitzem Winkel Ulreich überwinden konnte. Ganz unhaltbar schien der Ball nicht, aber wen im schwarzgelben Lager sollte das stören? 1:0 für den BVB in München. Ein schöner, weil seltener Moment.

Ab da hatten die Dortmunder eigentlich alles im Griff. Okay der Kopfball von Kane hätte auch das Tor treffen können, aber ansonsten war da nicht viel, was die Bayern zustande brachten. Auch das frühe Stören im Spielaufbau, brachte den BVB diesmal nicht aus der Ruhe. Ein fußballspielender Torwart, fand immer eine Anspielstation und zumeist gelang ein geordnetes Spiel in die gegnerische Hälfte. Okay, Nmecha hätte den einen oder anderen Ball früher spielen müssen, Maatsen hätte vielleicht hinten rechts ein paar Situationen besser verteidigen können und Füllkrug hätte zur Abwechslung auch mal einen Ball vorn wirklich festmachen und nicht einfach irgendwie versucht, einen geilen Hackentrick hinzulegen.   Ruhe am Ball, mannschaftliche Geschlossenheit und zwei wirklich bärenstarke Innenverteidiger die irgendwie immer einen Fuß oder den Kopf dazwischen bekamen, prägten heute das gute Spiel der Borussia. Auch wenn die Bayern statistisch mehr Ballbesitz hatte, waren die Chance der Gastgeber überschaubar bis gar nicht vorhanden.

Julian Ryerson machte mit seinem 2:0 alles klar.

Die besseren Tormöglichkeiten hatten vor allem nach dem Wechsel die Gäste. Nmecha aus 7 Metern und Hummels aus 16 Metern scheiterten am Bayern-Keeper, Maatsen und auch Schlotterbeck schossen einfach vorbei. Das 2:0 kann als Sinnbild für die mannschaftliche Geschlossenheit herhalten: Über acht Stationen lief der Ball eher Haller schließlich im Strafraum Ryerson bediente und der aus 12 Metern ins linke Eck einschoss. Einfach hübsch anzusehen und für die mitgereisten Fans einfach nur geil!

Da dann nur noch sieben Minuten auf der Uhr waren, schien das der Siegtreffer zu sein. Der Schreckmoment in Minute 89 war zum Glück dann auch nur ein kurzer: Das Tor von Kane war aus Abseitsposition geschossen worden und zählte nicht. Hat es das in den letzten zehn Jahren gegeben, dass der Schiedsrichter oder der Kölner Keller in engen Situationen zugunsten des BVB entschieden hat? Wohl kaum, gefühlt sowieso nie.

Die BVB-Fahnen wehten endlich mal wieder in München.

Die fünf Minuten Nachspielzeit brachte dann auch nichts Berauschendes mehr, außer das auf der Gästetribüne natürlich alle im Rausch waren. Ja, tatsächlich – der BVB hat mal wieder Bundesligaspiel in München gewonnen. Und das völlig verdient.

Möge das ein gutes Zeichen zum Start in die „Wochen der Wahrheit“ sein und die Mannschaft beflügeln, diesen Weg weiterzugehen und erfolgreiche letzte Wochen hinzulegen.

Text: Andreas Römer; Fotos: Kirchner-Media