Borussia Dortmund schlägt den FC Barcelona 3:1 und scheidet dennoch aus. Die Hypothek des 0:4 aus dem Hinspiel war zu groß. Aber der BVB ist die erste Mannschaft, die die Katalanen in diesem Jahr schlagen konnte.
Aus dem Westfalenstadion berichtet Andreas Römer
Sensationelle Fans im Westfalenstadion – 81.000 schafften während „You never walk alone“ eine ganz besondere, die ganz spezielle Borussia-Atmosphäre. Auch die Zweifler unter den Schwarzgelben spürten plötzlich, da wächst etwas in dir drin, plötzlich möchtest du doch an das Fußballwunder in schwarzgelb glauben.
Auch wenn die Ausgangslage scheinbar aussichtslos war, wollten beide Seiten beim Viertelfinalrückspiel in der Champions League noch einmal alles geben. Beide Seiten boten die Spitzenkräfte auf. Das überraschte ein bisschen, weil mancher spekulierte, dass der FC Barcelona nach dem deutlichen 4:0 im Heimspiel vor sechs Tagen einige der Stars für die nächsten Aufgabe schonen könnte. Doch Trainer Flick setzte auf den Supersturm und alle anderen Spitzenkräfte.

Spitzensturm würde man die Dortmunder Offensive wohl nicht nennen, aber Trainer Kovac ließ mit Adeyemi, Beier und Guirassy ebenfalls drei Offensivkräfte ran. Draußen bleiben mussten der formschwache Brandt, der ausgepumpte Ryerson und die angeschlagenen Can und Chukwuemeka. Aber dafür kehrte der BVB wieder zurück zur Dreikette, die in den letzten Wochen für Stabilität in der Defensive gesorgt hatte.
Und der BVB hatte sich offensichtlich etwas vorgenommen. Die ersten Minuten gehörten eindeutig den Gastgebern, nach vorn gepeitscht von den Fans. Im Minutentakt gab es Chancen für die Schwarzgelben. Nach Beiers „Rückpass“ zum Barca-Torwart (4.), versuchten sich Guirassy (5.) und Svensson (6.). Den ersten Aufschrei gab es nach einem Rempler gegen Couto im Barca-Strafraum – doch es gab nur Ecke.
Elfmeter nach 09 Minuten
Die 09.Minute brachte dann den Führungstreffer. Nun nicht gleich, weil es erst einmal wieder dauerte, bis geprüft war, ob Groß im Abseits startete, bevor ihn Szcresny ummähte. Den zu Recht gegebenen Elfmeter verwandelte Guirassy sicher mit einem Lupfer in die Mitte.

Jetzt brannte die Hütte. Die Fans, völlig aus dem Häuschen, brannten ein Stimmungsfeuerwerk ab. Die schwarzgelbe Mannschaft schaffte das nicht durchgehend. Barcelona stand immer hoch, ließ die BVB-Angreifer ein ums andere Mal ins Abseits laufen. So auch Groß, der in der 16.Minute zwar ins Tor traf, aber zurückgepfiffen wurde. Immerhin dauerte es bis zur 32. Minute, bis sich der Gast erstmals in den Strafraum des BVB durchkombinierte. Ansonsten stand die Dreikette mit dem starken Süle, mit Anton und Bensebaini sicher. Allerdings unterliefen ihr auch hin und wieder Fehler im Spielaufbau, doch das Kollektiv brachte die Sache immer wieder in Ordnung.
Das war die Stärke der Borussia am Dienstagabend: mannschaftliche Geschlossenheit, jeder rannte und kämpfte für den anderen und zeigte, was das Team hätte erreichen können, wenn man nicht so eine grottige zweite Halbzeit in Barcelona gespielt hätte. „Ich habe noch nicht viele Spiele hier in Dortmund erlebt, wo jeder so für den anderen eingestanden ist, wie wir das heute gesehen haben“, sagte Süle nach dem Spiel bei Prime.
2:0 direkt nach der Pause
Es gab zwar noch die eine oder andere Halbchance, doch die verpufften und man ging mit 1:0 in die Pause. Reicht das? Was ist noch drin? Die Pause war bestimmt von den Diskussionen und Spekulationen der Fans.

Direkt nach der Pause zündete Borussia dann das Stadion, die Fans noch einmal richtig an. Nach zwei Paraden von Sczcesny gegen Adeyemi und gegen Groß fiel das 2:0 nach einer Ecke von Svensson. Die ging an den zweiten Pfosten und wurde von Bensebaini in die Mitte geköpft wo Guirassy aus kurzer Distanz einnickte. Jetzt schien tatsächlich eine Sensation möglich!
Schock durch Eigentor
Doch nur 5 Minuten später erwischte ein Kälteschauer die schwarzgelbe Fußballwelt. Ein Eigentor führte zum 2:1 und die Fans erstarrten. Was war passiert? Groß verlor Femin Lopez aus den Augen und seine scharfe Hereingabe wollte Bensebaini auf vollem Lauf klären und donnerte das Ding ins eigene Netz.
Der Schock saß nicht nur bei den Fans tief. Nur noch die Süd versuchte die Mannschaft weiter nach vorn zu brüllen. Viele der anderen fielen ein bisschen in sich zusammen. Auf dem Rasen übernahm Barcelona das Spiel. Es gelang der Flick-Elf den Ball mit langen Passagen in den eigenen Reihen zu halten. Da war auch nichts Gefährliches dabei, aber der BVB verlor den Faden, machte viel zu viele Fehler im Spielaufbau, verlor den Ball nach wenigen Sekunden.

Kovac reagierte, brachte Duranville und Reyna für Nmecha und Beier. Die brauchten 10 Minuten Anlauf, dass vernaschte Duranville zwei von Barcelona auf der rechten Seite, seine scharfe Hereingabe ließ Aurojo abprallen und Guirassy nagelte den Ball aus 5 Metern unter die Latte. (76.). Das war der Auftakt zur wilden Schlussviertelstunde.
Es reicht nicht mehr
Die Fans waren alle wieder da, die Mannschaft gab sich noch einmal einen Ruck und warf alles rein und nach vorn. Leider blieb bis auf ein Abseitstor von Brandt nichts zählbare mehr zu notieren. Doch der BVB hat sich mit Würde und einem guten Spiel aus der Champions League verabschiedet. Verloren wurde das mit der eher schwachen Leistung in Spanien eine Woche zuvor. Jetzt gilt es, in den letzten Spielen in der Liga mit gleichem Einsatz, doch noch das internationale Geschäft zu erreichen.
„Wir sind stolz auf unsere Leistung heute“, sagte Guirassy. Groß glaubte nach eigenen Worten „bis zum Schluss daran“ und meinte sein Team sei „mutig und aggressiv gewesen“, habe ein gutes Spiel gemacht. Das bestätigte auch Barca-Trainer Flick, der „Dortmund richtig gut“ gesehen hat und das bei „diesen tollen Fans“ auch erwartet habe. BVB-Trainer Kovac sah „das beste Spiel seit ich hier bin“.
Text: Andreas Römer, Fotos: Kirchner Media