Mit der vermutlich geilsten Grätsche seiner Karriere half Niklas Süle dem BVB zum 1:1 gegen Paris Saint Germain. Damit zieht Borussia als Gruppenerster in die K.O.-Phase der Champions League.
Aus dem Westfalenstadion berichten Andreas Römer und David Inderlied
Das hatten sicher nur wenige nach der CL-Auslosung erwartet: Der BVB steht am Ende der als „Todesguppe“ titulierten Vorrunde auf dem ersten Platz. Noch vor Paris, vor Mailand und vor dem anderen Scheich-Spielzeug aus Newcastle. Nur eine Niederlage am ersten Spieltag, zwei Unentschieden und drei Siege – nicht ganz so schlecht möchte man meinen.
Das hochklassige Spiel gegen PSG zeigte einmal mehr, zu was die Mannschaft von Edin Terzic in der Lage ist. Es war rassig, teilweise hochklassig und immer spannend. Das hochbezahlte Starensemble von Scheichs Gnaden mit dem Wunderstürmer Mbappe war als klarer Favorit in die Gruppenphase und erst Recht ins Spiel am Mittwochabend im Westfalenstadion gegangen. Doch die Schwarzgelben hielten von Anfang nicht nur kämpferisch dagegen.
Mutige Aufstellung
Schon in der Aufstellung zeigte sich Borussia kämpferisch. Drei Stürmer und nur ein Sechser zeugten von Mut und dem Willen nicht nur zu verteidigen, was ja auch in letzter Zeit nicht immer so geklappt hatte. Dabei reichte dem BVB ja bereits ein Unentschieden, während PSG mit einem Unentschieden bei gleichzeitigem Sieg von Newcastle raus gewesen wäre.
Wenn es am Ende statt 1:1 vielleicht 4:4 gestanden hätte, wäre es sicher eine Spiel für die Geschichtsbücher geworden. So war es vor allem die Rettungstat von Süle, über die viele sicher noch in Jahren sprechen werden. Er selbst hatte die Situation eingeleitet, als er sich bei einem langen Ball nach vorn verschätzte und Mbappe allein auf Kobel zu und um Kobel rum lief. Als Mbappe dann den Ball halbhoch ins Netz schlenzte und schon jubelnd abdrehen wollte kam aus dem Nichts Süle angerauscht. Auf dem Hosenboden rutschend riss er das eine Bein hoch und erwischte das Ding noch auf der Linie und verhinderte nach einen guten Viertelstunde den Rückstand.
Dass es zur Pause noch 0:0 stand war eigentlich unglaublich. PSG verzeichnete noch einen Pfostentreffer von Barcola, Kolo Muani schoss nur um Zentimeter am Pfosten vorbei oder scheiterte an Kobel. Doch auch der BVB hatte durch Wolf und Reus gute Einschussmöglichkeiten, die Donnarumma im Tor zu Nichte machte. Abgezockt waren die Gäste in jedem Fall. Bei Freistößen des BVB blieben die Abwehrspieler ohne zu zucken auf einer Linie und die BVB-Stürmer liefen ein ums andere Mal ins Abseits.
Kullerball zum 1:0
Auch nach der Pause setzte Borussia die ersten Nadelstiche und ging nach 51 Minuten sogar in Führung. Der bärenstarke Bensebaini stocherte dem ehemaligen Dortmunder Hakimi den Ball am PSG-Strafraum weg, Füllkrug übernahm und bediente Adeyemi am Fünfmeterraum. Der traf die Kugel nicht einmal richtig und so kullerte der Ball am rechten Pfosten in den Kasten. Die einheimischen Fans waren aus dem Häuschen während die gut 4.000 PSG-Anhänger zumindest mal Pause machten.
Allen war in der Pause die Newcastle-Führung auf der Anzeigetafel gezeigt worden. Das bedeutete PSG war raus. Zumindest für den Augenblick. Die Franzosen legten gleich mal einen Zahn zu und nach einem echt blöden Ballverlust von Wolf am gegnerischen Strafraum rappelte es auch schon im BVB-Gehäuse. Zwar wurde der erste Angriff abgewehrt doch den Abpraller versenkte Zaire-Emery aus gut 20 Metern ziemlich humorlos neben Kobel im Netz. 1:1 nur vier Minuten nach der Führung.
Der beste Mann an der Anzeigetafel
Der beste Mann im Stadion war danach der Mann an der Anzeigetafel. Er zeigt ganz fix den Mailänder-Ausgleich – damit war PSG als Gruppenzweiter ebenfalls weiter. Das nahm ein bisschen Druck aus dem Kessel. Das Spiel bot allerdings weiter Chancen hüben wie drüben. Paris jubelte sogar nach einem Tor von Mbappe nach Pass von Hakimi für zwei Minuten doch der Videoschiedsrichter kassierte den Treffer.
Und als dann zehn Minuten vor Schluss Mailand sogar in Führung ging und auch das direkt auf der Anzeigetafel aufleuchtete, beruhigten sich die Gäste vollends. Hakimi mahnt deutlich mit beiden Armen zur Ruhe, wollte nichts mehr riskieren. Denn das hatte die Franzosen gemerkt, der BVB war durchaus auch noch für ein Tor gut. Und das sollte auf gar keinen Fall passieren, denn dann wäre plötzlich Mailand statt Paris eine Runde weiter. Das wussten die Gäste auch und waren am Ende froh, dass es auch nach sechs Minuten Nachspielzeit noch 1:1 stand.
Beide Teams sind somit im Achtelfinale, das im Februar ausgetragen wird. Für den BVB geht es vor Weihnachten noch nach Augsburg und am kommenden Dienstag zuhause gegen die Meisterschaftsverderber aus Mainz. Zwei Gelegenheiten, die Leistung auf der Champions League zu bestätigen und im Verein und bei den Fans doch noch für friedliche Weihnachten in sportliche Hinsicht zu sorgen. Denn sollte da noch etwas schiefgehen, dürfte der schwarzgelbe Baum schon vor dem Fest brennen.
Text: Andreas Römer; Fotos: David Inderlied, Kirchner-Media