Nach elf Minuten war das Spiel gegen RB Leipzig entschieden. Der BVB verlor Abwehrchef Mats Hummels mit einer Roten Karte und musste fortan gegen die Brause-Kicker mit zehn Mann verteidigen. Trotz aufopferungsvollen Kampf verlor die Borussia das Spiel am Ende 2:3 und damit auch den Anschluss an die vorderen Plätze in der Tabelle.

Aus dem Westfalenstadion berichtet Andreas Römer

Es war ein echter Scheißtag, wenn man ein Schwarzgelber ist. Einzig der Platzwart hatte vielleicht ein bisschen was zu lachen, weil er wegen des etwa drei Stunden vor dem Spiel einsetzenden Regens den Platz nicht wässern musste. Ansonsten war das ein Samstag zum vergessen im schönsten Stadion der Welt. Es war kalt, es regnete und der Wind pfiff ordentlich durchs prallgefüllte Rund.

Normalerweise freut man sich in Dortmund auf Abendspiele unter Flutlicht – aber doch nicht ausgerechnet gegen das künstliche Ding, was sich Fußballverein nennt und aus Leipzig kommt. Auf der Süd gab es groß zu lesen „Nein zu RB!“ Und was der Rasenball an Fans mitbrachte war auch ein bisschen kümmerlich. Vielleicht 1.200, davon vielleicht 300 Stimmung Versuchende – das ist einer Spitzenmannschaft schon ein bisschen unwürdig. Dass dann auch noch der minutenlang unter einem Banner vorbereitete Pyroversuch sich als echter Rohrkrepierer erwies, machte es dann schon fast wieder lustig. Unter dem Banner rauchte es als die Mannschaften aufs Feld liefen ordentlich in grün, lila und gelb – was das mit dem eigenen Verein zu tun hat, werden hoffentlich wenigstens die Leipziger Anhänger wissen.

Zum Spiel

Die Szene des Abends war dann in der 12 Minute und dauerte bis in die 15.. Der BVB wurde wieder einmal kalt erwischt, ein eigenen Vorstoß mit allen Mann in der Vorwärtsbewegung endete mit einem blitzschnellen Konter der Gäste. Blitzschnell – Mats Hummels letzter Mann – muss man mehr sagen? Seine vielen großartigen Grätschen und Tacklings in Mailand oder gegen Leverkusen waren alle in einer vielbeinigen Abwehr, wo der gute Mats mit Auge und perfektem Stellungspiel im rechten Augenblick am rechen Fleck war. Hinterherlaufen ist nicht mehr seins und die Grätsche war eben auch nicht großartig, sondern räumte Leipzig Openda einfach mal weg.

Mats Hummels erwies der Mannschaft einen Bärendienst und ging nach einer Viertelstunde zum Duschen.

Und dann zeigte der Schiri auf den Elfmeterpunkt, zeigte Hummels die Gelbe Karte und alle hofften, dass Kobel noch einmal einen Elfer halten kann. Doch dann kam der Kölner Keller, das dauerte gefühlt wieder ewig und dann war es nach drei Minuten kein Elfmeter mehr, sondern Freistoß an der Strafraumgrenze und Rot für Hummels.

Hätte man sich auch nicht vorstellen können, einmal eher für einen Elfmeter gegen das eigene Team zu sein. Aber die Chance, einen Rückstand mit elf Mann umzudrehen, ist sicher größer als 80 Minuten mit einem Mann weniger gegen Leipzig zu spielen.

Scheibenschießen

Nun ging der anschließende Freistoß nicht rein, aber die Gäste verstanden es, den Ball und die Schwarzgelben laufen zu lassen und kamen zu einer Reihe von Schusschancen. Man hatte schnell das Gefühl, dass es nur eine Frage der Zeit bis zur Gästeführung sein konnte. Der BVB brauchte schon einen weiten Abschlag des eigenen Torhüters um überhaupt noch einmal aus der eigenen Hälfte herauszukommen.

Traf ins eigene Netz: Rami Bensebaini.

In der 28. Minute war es dann tatsächlich soweit – allerdings auch das war ein „Kacktor“, wie Arnd Zeidler sagen würde. Die fünfte Ecke für Leipzig bekam Bensebaini so blöd an die Birne, dass sie ins eigene Tor abgefälscht wurde.

Danach gaben sicher nicht mehr viele Besucher im Stadion noch einen Pfifferling auf den BVB, der sich enorm schwer tat, einmal eigene Aktionen nach vorn zu starten. Trainer Terzic hatte früh Süle für Bynoe-Gittens gebracht und so fehlte vorn einer, der einen Überraschungsmoment kreieren konnte.

Ausgleich aus dem Nichts

Doch Leipzig brachte es nicht nach Hause, nutze die vielen eigenen Möglichkeiten nicht und so passierte in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit doch fast ein kleines Fußballwunder: Can ging einmal entschlossen an zwei oder drei Leipzigern vorbei und ausgerechnet Meunier, der bis dahin vor allem durch ein paar Stolperbälle aufgefallen war, kam aus fünf Metern zum ersten gefährlichen BVB-Abschluss. Die anschließende Ecke bracht noch einmal Öczan in Position, doch seinen Kopfball brachte Blaswig über das Tor. Ecke von der anderen Seite. Die wurde zunächst ebenfalls abgeblockt und Brandt konnte noch einen langen Ball in den Strafraum bringen und ganz hinten lauerte Süle, der vom Fünfmeterraum den Ball versenkte. 1:1 zur Pause.

Der BVB kam mutiger aus der Pause, der Ausgleich hatte scheinbar Auftrieb gegeben. Die besseren Chancen hatte aber wieder Leipzig. Zunächst scheiterte Openda an Kobel und dann war es wieder so ein dämlicher Ballverlust im Mittelfeld und Baumgartner stürmte allein auf Kobel zu, gab dann zu Simmons, der Meunier auswackelte und dann an Kobel scheiterte. Doch den Abpraller versenkte Baumgartner aus wenigen Metern ohne Mühe.

Kampf versöhnt die Fans

Der BVB warf nun alles nach vorn, sorgte für Stimmung auf den Rängen. Die Zuschauer spürten, dann kann noch was gehen. Auch wenn sich kaum klare Chancen ergaben, der Einsatz und der Wille stimmte. Und Leipzig stellte sich auch ein bisschen ungeschickt oder sogar pomadig an. Sie hatten eine Reihe von astreinen Kontermöglichkeiten gegen dezimierte Dortmunder, brachten es aber nicht zu Ende. Immer versuchten sie noch einen Schlenker, noch einen Querpass und vergaben es schließlich allzu oft.

Niclas Füllkrug traf zu spät.

Die letzten zehn Minuten bestimmte eindeutig der BVB – das Tor schossen aber die anderen. In der 90. Minute waren die Leipziger, die drei frische Stürmer gebracht hatten, in der Überzahl und spielten es diesmal aus. Poulsen stand letztendlich allein vor Kobel und versenkte das Ding zum 1:3.

Doch das war noch nicht da Ende eines verrückten Fußballabends. Im direkten Gegenzug erzielte Füllkrug nach Brandt-Ecke das 2:3 und die Borussia warf in den paar Minuten der Nachspielzeit alles nach vorn, schaffte den Ausgleich aber nicht mehr.

Und jetzt?

BVB Trainer Edin Terzic guckt nach unten
Edin Terzic hat einiges zum Nachdenken.

So endete der Scheißtag mit einer Niederlage, es regnete noch immer und der BVB muss die Wunden lecken. Aus dem Pokal rausgeflogen, in der Liga den vierten Platz mit vier Punkten Rückstand auch schon ein bisschen aus den Augen verloren und irgendwie zu viele Verletzte. Nur gut, dass die nächste Runde in der Champions League bereits erreicht ist. Gegen Paris kann es am Mittwoch scheißegal sein, auch wenn es fürs Ego schon gut wäre, da was zu holen. Wichtiger wird es aber sein in Augsburg und gegen Mainz (da war noch was) zu gewinnen, um nicht vor Weihnachten noch weiter den Anschluss in der Liga zu verlieren.

Text: Andreas Römer, Bilder: Kichner Media