Tief im Ruhrgebiet hatte man sich schon große Hoffnungen auf einen Pokal-Triumph gemacht – vor allem nach dem Titelverteidiger RB Leipzig und Dauerfavorit Bayern München überraschend in der zweiten Runde scheiterten. Im Achtelfinale ging es für die BVB-Elf zum bisher größten Überraschungsteam der Bundesliga: VfB Stuttgart. Erst vor knapp einem Monat unterlagen die Borussen nach der bis dato schlechtesten Saisonleistung im Schwabenland recht glücklich nur mit 1:2. Und auch im Pokal sollte nichts zu holen sein. Am Ende musste sich der BVB mit 2:0 (0:0) geschlagen geben.

Aus der MHP-Arena in Stuttgart berichtet
Falk-Stéphane Dezort

Gleich auf drei Positionen veränderte BVB-Coach Edin Terzic sein Team im Vergleich zum Bundesliga-Topspiel am Sonntag in Leverkusen (1:1). Für Nicklas Füllkrug, Marco Reus und Julian Brandt durften Yousouffa Moukoko, Salih Öczan und Karim Adeyemi von Beginn an ran. Mit drei Sechsern – neben Öczan spielten auch Emre Can und Marcel Sabitzer – war Terzic zunächst darauf bedacht, die Defensive zu stärken.

Und das gelang dem BVB eine Zeit lang ganz gut. Die erste nennenswerte Gelegenheit hatten die Westfalen selbst. Einen Dortmunder Konter über Adeyemi und Jamie Bynoe-Gittens schloss Sabitzer mit einem satten Schuss aus gut 20 Metern ab. Die Kugel aber landete nur am Querbalken.

Zu selten konnte Karim Adeyemi seine Schnelligkeit ausspielen. Hier gegen Ex-Borussia Zagadou. Foto: Noah Wedel/Kirchner Media

BVB ohne Ideen

Kurz darauf war der Arbeitstag von Moukoko schon wieder zu Ende. Nach einem Sprintduell fasste er sich an den Oberschenkel – Füllkrug musste früh eingewechselt werden. Doch in der Zeit bis der Wechsel vollzogen werden konnte, hatten die Stuttgarter ihre beste Möglichkeit im ersten Abschnitt (23.). Nach einer Flanke von links von Chris Führich stieg der aktuell in der Bundesliga bestens aufgelegte Deniz Undav am höchsten. Geburtstagskind Gregor Kobel im Kasten der Borussen konnte das Leder aber entschärfen.

Auch bei der nachfolgenden Ecke musste der BVB-Schlussmann eingreifen. Plötzlich tauchten zwei VfB-Angreifer am zweiten Pfosten im Fünfmeterraum vor ihm auf. Zusätzlich zu seiner Parade entschied das Schiedsrichtergespann um Benjamin Brand aber auf Abseits (24.)

Marius Wolf gelang nicht viel, und dann verletzt er sich auch noch. Foto: Noah Wedel/Kirchner Media

Eine weitere schwarz-gelbe Schrecksekunde gab es in der 33. Minute. Marius Wolf rutschte bei einem Zweikampf aus, knickte um und blieb mit schmerzverzerrtem Blick liegen. Doch er biss auf die Zähne und zog noch bis zur Halbzeitpause durch. Das eröffnete aber den Stuttgartern vor allem über deren linke Angriffsseite noch Räume. Glück für den BVB, dass Undav, Mittelstädt und Co. es bis zum Pausenpfiff nicht wussten, diese Stockfehler der Borussia auszunutzen.

Guirassy sticht für den VfB

Nach dem Seitenwechsel drehte der VfB auf, wurde prompt gefährlich. Ein Konter nach einem Ballverlust von Julian Ryerson endete bei Serhou Guirassy, der an Kobel scheiterte (52.). Nur zwei Minuten später machte er es besser und vollendete ein Zuspiel von Enzo Millot zur hochverdienten Führung.

Gregor Kobel war einmal mehr mit Abstand der beste Borusse. Aber zwei Mal war er machtlos. Foto: Noah Wedel/Kirchner Media

Wenig später klingelte es auch auf der anderen Seite. Füllkrug bediente Bynoe-Gittens mustergültig, der auf 1:1 stellte (60.). Denkste! Der VAR hatte etwas dagegen. Beim Zuspiel stand der Engländer mit einem Bein im Abseits. Einen Aufschwung hat die Szene beim BVB aber auch nicht entfacht, ganz im Gegenteil.

Der VfB wurde immer stärker und belohnte sich nach 77 Minuten mit dem 2:0 vom eingewechselten Silas. Kobel parierte zuvor mehrmals gegen Guirassy und verhinderte eine deutlichere Niederlage. „Es hat vieles nicht gepasst“, konstatierte das Geburtstagskind nach der Partie. „Wir hatten sehr wenig den Ball. Und wenn wir ihn hatten, haben wir ihn zu leicht weggegeben. Die bessere Mannschaft hat gewonnen.“ Und Terzic meinte: „Es war ein beschissener Abend. Das war einfach nicht gut genug. Wir haben nicht ansatzweise das zeigen können, was wir uns vorgenommen haben und sind auch nicht unserer Aufgabe gerecht geworden.“

BVB-Trainer Edin Terzic kann mit der Leistung seiner Elf in Stuttgart kaum zufrieden sein. Foto: Noah Wedel/Kirchner Media

Gehörig angefressen war auch Kapitän Can. Vor allem das Anlaufen sei „eine Katastrophe“ gewesen. Man habe das Gefühl, dass etwas Fundamentales nicht stimmt. Daher müsse man sich als Mannschaft zusammensetzen und Tacheles reden. Das fand auch Kobel: „Wir müssen das intern besprechen. Ich nehme mich da nicht raus. Wir sind eine eine Mannschaft, eine Einheit.“

„Es tut extrem weh“

Der 26-Jährige erlebte an alter Wirkungsstätte einen traurigen Geburtstag. „Es tut extrem weh“, bedauerte er. Vor allem nachdem bereits große Konkurrenten ausgeschieden seien, sei die Chance hoch gewesen, den Pokal zu gewinnen. „Das will jeder mal erleben – auch ich. Es ist extrem bitter, das dann so aus der Hand zu geben.“

Ebenso bitter ist auch das Verletzungspech. Neben Moukoko (Oberschenkel) und Wolf (Sprunggelenk) haben sich auch Sabitzer (Wade) und in der letzten Szene des Spiels Ryerson verletzt. Letzterer hatte sich nach einem Luftduell bei der Landung das Knie verdreht und humpelte anschließend mit Krücken durch die Mixed-Zone. „Wir können noch keine Diagnose nennen und hoffen das Beste“, meinte Terzic in der Pressekonferenz. „Für Genaueres müssen wir den morgigen Tag abwarten.“

Eine gute Sache hat das Ausscheiden des BVB zumindest für Fußball-Nostalgiker. Da auch Leipzig, Bayern und Wolfsburg sowie Frankfurt nicht mehr im Wettbewerb sind, wird eine Mannschaft im Mai den Pokal in den Berliner Himmel recken, die in den zurückliegenden zehn Jahren die Trophäe nicht gewonnen hat – vielleicht ja sogar ein Zweitligist.