Mit einem nicht unbedingt souveränen, aber auch nicht unverdienten 2:0-Sieg beim tschechischen Spitzenreiter Slavia Prag bleibt der BVB in der Champions-League in der Spur. Jetzt darf die Aufmerksamkeit wieder auf den Alltag in der Bundesliga, wo der Überraschungsdritte Freiburg am Samstag im heimischen Schwarzwald-Stadion wartet, gerichtet werden.

Bei 8 Grad muss man sich es schon mal warm machen, dachten sich etliche Borussen.

Bei herbstlichen 8 Grad warteten die Fans auf das heiße Duell der aktuellen Nr. 1 des tschechischen Fußballs, der in der ersten Runde der CL Inter Mailand ein Remis abgetrotzt hatte, mit dem selbsternannten Meisterschaftsaspiranten aus Dortmund, dem es  gegen Barca nur knapp nicht zum Sieg gereicht hat. Den Fans wurde auf besondere Weise warmgemacht: Am Tag nach dem Tod von Karel Gott wurde die Originalversion von ‚Biene Maja‘ abgespielt – eines der unzähligen Hits der goldenen Stimme aus Prag. Und zu Ehren des Gasts aus dem Ruhrgebiet, dessen Maskottchen die Biene Maja ist, wurde anschließend die BVB-Version mit Norbert Dickel gespielt.

Norbert Dickel, als er noch jung – und Karel Gott als er noch schön war.

1. Halbzeit

Auf dem Spielfeld wurden dann aber schnell andere Töne gespielt: Slavia wie erwartet mit wenig Respekt wie schon gegen Mailand suchte sein Heil sofort in der Offensive. Der BVB begann mit Julian Brand in der Spitze für Paco Alcacer, der verletzt nicht auflaufen konnte, und  Guerreiro auf der Linksverteidigerposition, dafür Achraf Hakimi auf der linksoffensiven Position. Die erste Chance verzeichnete dann aber der BVB durch Jadon Sancho, der sich über die rechte Seite durchtankt, aber aus spitzem Winkel verzieht. Nach einer Viertelstunde die zweite Möglichkeit durch Hakimi, der aber zu überrascht ist, dass ihm nach einem Gerangel im Strafraum der Ball vor die Füße fällt. Bei allen Offensivbemühungen fehlt immer noch der letzte Biss im Abschluss.

Slavia war hingegen weiter gefährlich mit Kontern, beispielsweise durch Masopust frei vor Bürki, der aber – nicht nur diesmal – glänzend parierte. In der 25. Minute rutschte Reus nach einem schnellen Konter an einem Pass von Sancho an der Torlinie am Ball vorbei – wäre aber eh Abseits gewesen. Spätestens jetzt ist die Ankündigung von Sebastian Kehl vor dem Spiel nachvollziehbar, dass es ein hartes Stück Arbeit wird.

Keiner gab nach im Kampf um die Lufthoheit.

Gerade als man sich so ein bisschen an das Hin und Her ohne wirkliche Effektivität vor dem Tor gewöhnen wollte, kam Hakimi von ganz hinten nach einem schönen Steilpass von Brandt und markierte das 1:0 links oben ins Gehäuse der Prager. Trotz dieser Führung zeigte sich – wie in den letzten Wochen – dass die Gegner durchaus weiter gefährlich im Strafraum von Bürki agieren durften und auch konnten. Die Gastgeber kamen kurz vor der Pause beinahe noch zum Ausgleich, als der BVB die Situation im Strafraum nicht bereinigt bekam, bis schließlich der Kapitän selbst im Fünfmeterraum mit dem Kopf klärte. Streckenweise guter Fußball reichte für die Halbzeitführung.

2. Halbzeit

 Kurz nach dem Wechsel geht Sancho allein auf den Prager Torwart zu, legt sich den Ball aber zu weit vor, und so wird der Ball eine sichere Beute für den Keeper von Slavia. Das war es dann aber auch schon wieder der offensiven Herrlichkeit. Stattdessen kommt Prag immer wieder in die Nähe des Strafraums der Schwarzgelben, es ist aber eher ein Anrennen im ungefährlichen Bereich. Aber zu oft in der Vergangenheit kam der Gegner dann einmal effektiv durch die Deckung des BVB um dann auszugleichen. Nie hat man das Gefühl, dass nichts mehr anbrennen kann. Aber Bürki war immer wieder auf dem Posten.

Dass die Hausherren so stark auftreten werden, war für Lucien Favre keine Überraschung: „Ich habe mir Prag mehrfach angeschaut. Das Niveau ist sehr gut. Wer das nicht sieht ist blind und hat keine Ahnung von Fußball. Sie hatten 51 % Ballbesitz – das sagt alles.“ Dennnoch könne er zufrieden sein, da sein Team gewonne habe. Vor allem seien die drei Punkte enorm wichtig gewesen, da man nicht wisse, wie Mailand und Barcelona im Anschluss spielen.

‚Geschlossene Veranstaltung‘ – notfalls vermittelte der Keeper den Gegenspielern das Motto seiner heutigen Vorstellung auch persönlich.

Thorgan Hazard löste eine Viertelstunde vor Schluss Sancho ab (75.). In der Schlussphase wurde fast schon zufällig Marco Reus am rechten Strafraumrand gefunden. Der Kapitän traf aber mit seinem trockenen Schuss nur das Außennetz. Dann wurde Hakimi zum Mann des Abends: Wieder Steilpass von Brandt, Hakimi spielt seine Schnelligkeit aus und tunnelt den Prager Keeper zum 2:0 für den BVB. Dann wurde Götze zum Zeitschinden gebeten – ein trostloses Signal. Insgesamt ging der Sieg für den BVB in Ordnung. Es hätte aber auch gut ein Unentschieden geben können. Wundertüte BVB.

Wer heute gut schlafen kann:

Bürki, Hakimi und der Finanzvorstand des BVB, der mit den Einnahmen aus der CL kalkuliert. Aber auch die Fans von Slavia Prag. Ihr Team hat gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen ist. Die rund 20000 Zuschauer sorgten für eine astreine Stimmung im Sibono Stadium und setzten sich mit drei Choreos wunderbar in Szene.

Wer heute Alpträume hat:

Alle BVB-Fans, denen der Ohrwurm ‚Biene Maja‘ nicht mehr aus der Birne geht

Außer Spielen finden die Schwarzgelben nichts geiler als sich bei ihren mitgereisten Fans für den Support zu bedanken.

Fazit:

Der BVB kann mit ähnlicher Spielweise Krisen einleiten und beenden, Erwartungen enttäuschen oder wecken. Die Weichen in der CL sind erst einmal gestellt, Freiburg wird zeigen, wie es im Saisonverlauf weitergeht.

Text: Oliver Römer, Ingo Berchter Bilder: Stephane Dezort, kirchner-media (Neuendorf)