5:1 bezwingt der BVB den 1. FC Köln. Wieder fünf Tore und wieder zwei Tore von Haaland – so kann es ruhig weitergehen.
Die besten Kölner standen heute nicht auf dem Platz sondern auf den Rängen der Nordtribüne: Die mitgereisten 8.000 Rotweißen starteten mit einer schicken Choreo und hielten ihre Gesänge auch nach deutlichem Rückstand der eigenen Mannschaft durch. Respekt! Toller Auftritt der Gästefans, in deren Block auch während des ganzen Spiel einer eine schwarzgelbe Fahne schwenken konnte. Fanfreundschaften sind doch etwas Feines.
Ganze 52 Sekunden
Die eigene Mannschaft der Kölner Anhänger kam nach zuletzt vier Siegen voller Selbstbewusstsein ins Westfalenstadion. Kuriosum am Rand in der heutigen Zeit: Beide Mannschaften traten mit exakt der gleichen Aufstellung wie in der Vorwoche an. Das war dann aber schon genug der Vorrede, denn der BVB brauchte nicht einmal 60 Sekunden, um in Führung zu gehen.
Einen langen Schlag von Hummels aus dem eigenen Sechzehner erlief Reus, der rechts den startenden Sancho sah. Der Engländer schaute und bediente den heranstürmenden Guerreiro, der aus fünf Metern direkt die Kugel versenkte – mit rechts. Auch das eine kleine Überraschung. Aber immerhin kein Rückstand für den BVB und ganz nebenbei das 34. Heimspiel in dem die Borussia mindestens ein Tor erzielt.
Kölner Keller
Neben den Fans spielte noch eine Kölner Truppe heute Abend eine wichtige Rolle – die Jungs vom Videobeweis im Keller der Narrenhauptstadt. Zunächst wandelten die Untertagefernsehgucker einen Elfmeterpfiff von Schiri Osmers in einen Freistoß kurz vor dem Strafraum um. Bornauw hatte den stürmenden Hakimi robust von den Beinen geholt – wohl Zentimeter vor der Strafraumlinie. (12. Minute) Reus musste vom Elfmeterpunkt den Ball einsammeln und knallte ihn dann vom Strafraumeck in den Winkel, Horn konnte ihn aber halten. In der 28. Minute schließlich korrigierten die Videobeweishüter einen Abseitspfiff von Osmers und gaben das Tor von Reus. Hummels hatte erneut einen langen Ball über 50 Meter geschlagen, Reus entwischte seinen Gegenspielern und tunnelte Torhüter Horn zum 2:0. Dann erst kam die Fahne des Linienrichters. Fans und Reus winkten enttäuscht ab, um dann zwei Minuten später doch noch zu jubeln. Irgendwie.
Hier waren sich Heim- und Gästefans sofort einig: „Scheiß DFB“ ging es energisch zwischen den Fanlagern hin und her. Die Gesänge „Ihr macht unseren Sport kaputt“ kann man schon nachvollziehen. Da zappelt der Ball schon mal im Netz und dann wartet man zwei Minuten und darf dann endlich jubeln. Das ist dann eben nicht mehr das Gleiche wie im Moment, wenn der Ball einschlägt, das ist irgendwie wie ein Rohrkrepierer, ein Stimmungskiller.
Fast egal – Hauptsache der BVB führte völlig verdient mit 2:0. Zur Pause hätte die Mannschaft von Lucien Favre allerdings auch schon höher führen können. Hummels rammte einen Kopfball nach der einzigen BVB-Ecke wuchtig an den Querbalken und Hazard hätte bei seinem Solosturmlauf auf Horn eigentlich auch ein Tor machen müssen.
Die Kölner – also jetzt die Spieler des 1. FC – zeigten nach vorn dann eher wenig. Der erst 17-jährige Thielmann war nach drei Minuten so überrascht, dass er völlig frei aus 18 schießen durfte, dass er gleich weit vorbeischoss. Und dann gab es noch eine Szene in der Neuzugang Uth im Strafraum nach innen spielen wollte und Bürki den Ball mit ein bisschen Glück wegfischte. Das reicht natürlich nicht, dem BVB Angst einzujagen.
Fehlerfrei wäre mal schön
Nach der Pause sah es so aus, als wollte der BVB jetzt den Sack endgültig zumachen. Reus schickte Sancho in den Strafraum. Der tanzte Czichos aus und nagelte den Ball unter die Latte zum 3:0. (48. Minute) Doch dann versäumte die Borussia eben genau das Sack zumachen. Reus und Sancho ließen dicke Konterchancen liegen und dann muckte der FC doch noch auf.
Vor allem weil die Abwehr sich wieder einmal einige Schnitzer leistete. Der Hallo-Wach-Effekt war zunächst als Uth völlig frei aus fünf Metern zum Schuss kam und Bürki wieder mit Glück das Ding halten konnte. Der Ball schien schon geklärt und die Kölner eroberten den zweiten Ball und schlugen ihn einfach mal vor die Bude. Genauso fiel dann auch das 3:1. Hummels schien die einzige Kölner Ecke schon geklärt zu haben, als der zweite Ball einfach mal wieder hoch in den Strafraum segelte. Alle Schwarzgelben waren schon auf dem Weg nach vorn. Nur Uth lief in die andere Richtung, war nicht im Abseits und überwand Bürki aus spitzem Winkel. (65.)
Verdammt. Da war sie wieder die Unsicherheit. Der BVB verlor die Linie und drohte das Spiel aus der Hand zu geben. Hatte man kurz zuvor vom 4:0 oder 5:0 geträumt, machte man sich plötzlich wieder Sorgen. Beweis gefällig? Hector, der beste Kölner auf dem Platz, kam in der 70 Minute völlig frei zum Kopfball und zielte nur knapp neben das Tor.
Haaland macht es wieder
Direkt mit dem Anschlusstreffer hatte Favre unter großem Jubel der Fans Neuzugang Haaland für Hazard aufs Feld geschickt. Der lange Norweger schwächelte etwas im Vergleich zum letzten Samstag und brauchte tatsächlich statt drei diesmal zwölf Minuten bis zu seinem Tor. Horn hatte direkt hintereinander gegen Hakimi und Guerrreiro gehalten – der letzte Abpraller fiel aber Haaland vor die Füße und der versenkte das Ding eiskalt. 4:1 nach 77. Minuten. Dann dauerte es noch einmal zehn Minuten und Haaland tat es schon wieder. Diesmal vom für Reus eingewechselten Dahoud auf die Reise geschickt bekam Haaland seine lange Fußspitze so eben vor Horn an den Ball, spitzelte ihn am Keeper vorbei und schoss dann quasi von der Grundlinie am Fünfmeterraum mit viel Schnitt den Ball in die lange Ecke. Lothar Emmerich hätte an diesem Tor seine ganz besondere Freude gehabt.
5:1 war dann auch das verdiente Ende. Bis auf eine schwache Viertelstunde in der zweiten Halbzeit hatte Borussia die Sache heute total im Griff. Hinten machten sie weniger Fehler, Akanji spielte sogar ziemlich gut, Hummels schlug wunderbare lange Bälle und Guerreiro machte ein starkes Spiel. Im Mittelfeld hatten weder Brandt noch Witsel ihren besten Tag und vorn reichten mal wieder einige tolle Momente von den Erfolgsgaranten Sancho, Reus und jetzt eben auch Haaland.
Andreas Römer (Text), David Inderlied (Fotos)