Mit 2:1 wirft Borussia Dortmund den Bundesligatabellenführer aus Mönchengladbach aus dem Pokal. Beide Tore für den Einzug ins Achtelfinale erzielte Julian Brandt.
Nein, nach 71 Minuten gaben längst nicht alle schwarzgelben Fans noch viel auf einen Sieg der eigenen Mannschaft. Der Gast aus Mönchengladbach war gerade in Führung gegangen und es sah nicht unbedingt danach aus, als habe der BVB eine Idee, wie man da noch was machen könnte. Doch nur acht Minuten später strahlten Julian Brandt, seine zehn Mitspieler und ein Großteil der fast 80.000 Zuschauer: Borussia hatte das Spiel gedreht.
War das ein Wendepunkt in der zuletzt so gescholtenen Leistung von Mannschaft und Trainer? Man mag es hoffen. Denn immerhin hat die Elf vom angeblich nicht zur Diskussion stehenden Trainer Favre endlich einmal das Herz in beide Hände genommen und einen wichtigen Sieg errungen. Herz und Leidenschaft schienen zuletzt ein wenig verloren gegangen zu sein. Ängstlich und blutleer waren die Auftritte in Mailand und in der verbotenen Stadt kritisiert worden.
Ohne Reus, Hummels und Bürki
Dabei hatte es am Mittwochabend auch gar nicht gut begonnen. Reus, Hummels und Bürki standen nicht zur Verfügung. Dafür durften Bruun Larsen, Zagadou und Hitz ran. Aber was ist der BVB wert ohne die zentrale Achse Hummels, Witsel, der zwar spielte aber bei den Blauen zuletzt ziemlich schlecht aussah, und Reus? Da ahnte man schon, das wird ganz hart. Ist ja auch erst zehn Tage her, dass man mit Glück gegen die Borussia vom Niederrhein mit 1:0 an gleicher Stätte gewonnen hat.
Das Spiel lief ziemlich ähnlich wie in der Liga, war lange – eigentlich immer – auf des Messers Schneide. Die Gäste pressten teilweise heftig und zwangen den BVB lange Bälle aus der Abwehr zu schlagen, die im Gegensatz zum Schalke-Spiel fast komplett ausgetauscht wurde. Pisczcek, Akanji, Zagadou und Schulz hatten ordentlich zu tun, die schnelle „Fohlen“ vom Tor fernzuhalten. Die hatten nicht nur den früheren Dortmund Hofmann und Stindl, die kräftig anschoben, vor allem über die Außenbahnen machten Lainer und Wendt mächtig Druck.
Torgefahr? Was war das noch mal?
Und der BVB? Ja, man hat technisch brillante junge Spieler vorn. Brandt, Hazard, Bruun Larsen oder Sancho können ziemlich viel mit dem Ball anfangen. Nur das mit dem Toreschießen ist in dieser Saison ein Problem. Sancho hat zwar dreimal getroffen, aber daran erinnert man sich kaum noch, weil auch schon eine Weile her. Hazard und Bruun Larsen haben noch kein Tor erzielt und Brandt ein mickriges Törchen. Für einen Nationalspieler auch nicht unbedingt der Reißer.
Umso schöner, dass Brandt am Mittwochabend endlich losgelegt hat. Doch der Reihe nach. Gladbach hielt das Spiel immer offen. Chancen oder eher Halbchancen gab es hüben wie drüben. Dann vertändelte der BVB im Mittelfeld den Ball und Wendt konnte sich links außen in aller Ruhe den Ball zum Flanken zurechtlegen. In der Mitte entwischte Thuram Zagadou und kam fünf Meter vor dem Tor völlig frei zum Kopfball – keine Chance für Hitz.
Und wie sollte das jetzt gehen? Echte Torgefahr hatten die Schwarzgelben bislang nicht ausgestrahlt. Einen Lattentreffen von Hazard gab es in Halbzeit eins zu notieren – sonst war wirklich nichts Zwingendes auf dem Chancenzettel. Doch der BVB drängte plötzlich energisch. Setzte sich tatsächlich im Gäste-Strafraum fest. Zunächst traf Sancho die Kugel nicht richtig und Torhüter Sommer konnte parieren. Doch die Schwarzgelben setzten nach, schnürten die Gladbacher hinten ein. Schließlich nahm Brandt am Strafraumeck den Ball, lief zwei Schritte und zog einfach mal ab. Mit Glück rutschte der Ball von gleich zwei Abwehrbeinen abgefälscht unten rechts rein. 1:1 nur sechs Minuten nach der Führung. Die Verlängerung war also schon mal in Sicht.
Allerdings wollte der BVB mehr. Der nächste Angriff rollte auf den Gladbacher Strafraum zu. Weigl bediente Brandt, der wunderbar mit doppeltem Hackentrick den Ball zum gerade eingewechselten Götze weiterleitete. Der legte nach rechts auf Hazard. Der Belgier ließ einen Verteidiger ins Leere laufen und hob den Ball gefühlvoll an den Fünf-Meter-Raum. Dort stieg Brandt unbedrängt hoch und platzierte den Kopfball links unten. Der sah gar nicht einmal wuchtig aus, war aber so gut platziert, dass Sommer nicht mehr herankam. Zwei Minuten brauchte Brandt um das Spiel zu drehen.
Die Südtribüne tobte, Trainer Favre griff sich während des Jubels an den hinteren Oberschenkel – verletzt. Das wird er verschmerzen können.
Die letzten zehn Minuten waren hektisch, einige Spieler und Trainer Rose waren aufgeregt – Rose sah wieder einmal die Rote Karte wegen Meckerns. Doch der BVB hielt das 2:1 und darf sich aufs Pokal-Achtelfinale freuen. Freuen darf man sich auch über die Leistung, den Biss der Mannschaft. In der Abwehr machten Zagadou und Akanji ein gutes Spiel. Vor allem der junge Franzose, den Favre ja zumeist verschmäht, strahlte je länger das Spiel dauerte, wieder eine Bärenruhe aus. Und vorn wurde endlich einmal wieder getroffen, nach den zwei Nullnummern gegen Inter und die Blauen. Zweimal hintereinander zuhause den Tabellenführer bezwungen – das sollte der Mannschaft helfen.
Am Samstag kommt mit Wolfsburg der nächste starke Gegner, dann kommt Inter und dann geht es zu den Bayern. Da kann das Team ein bisschen Selbstvertrauen durchaus gebrauchen.
Andreas Römer und Falk Stephane Dezort (Fotos)