Der zweite Teil unser Redaktionsgesprächs blickt auf die Leistungen der Spieler sowie der Fans. Wie zufrieden waren wir?
Wer war aus deiner Sicht der beste Transfer? Wer ist der Verlierer im Team?
Andreas Römer: Überrascht hat mich tatsächlich Guirassy. Ich hätte nicht gedacht, dass er an seine Leistung in Stuttgart anknüpfen könnte. Er hat wirklich gut gespielt und viele Tore geschossen. Alle anderen Neuen hatten ein bisschen Licht und leider auch viel Schatten. Beier hatte eine gute Phase, hat aber für seine Fähigkeiten zu wenig gezeigt. Die Rolle von Groß habe ich bis heute nicht verstanden. Er hatte großartige Szenen, aber ein Spielmacher war er auch nicht. Couto hat wenig Gelegenheit bekommen, sich überhaupt zu zeigen.
Verlierer sind aus meiner Sicht vor allem die Leute im Mittelfeld. Can, Brandt, Sabitzer, Nmecha – da fehlt es Konstanz. Sicherlich haben auch Verletzungen viel zu den Unstimmigkeiten beigetragen. Aber für mich ist auch das System, das man im Mittelfeld spielen will, nicht klar. Es ist ja schon ein Zeichen, dass mit Svensson, Chukwuemeka und Rückholaktion Özcan im Winter Verstärkung fürs Mittelfeld geholt wurde.
Gewiss ebenfalls keine Gewinner sind die Stürmer. Adeyemi spielte viel zu wechselhaft, mal Weltklasse, mal Kreisklasse. Gittens verschwand in der Versenkung, Duranville konnte auch nicht seine Vorschusslorbeeren bestätigen.

Oliver Römer: Guirassy hat geliefert, zwar nicht immer, auch mal mit Durchhängern, aber am Ende hat er es an die Spitze der Torschützenliste der CL geführt. Was willste mehr.
Am Ende haben durch Kovac alle etwas gewonnen. Stabilität.
Verlierer ist am Ende wahrscheinlich aus momentaner Sicht der Nachwuchs. Bei einer normalen Saison hätte man sie durchaus öfter mal zwischendurch bringen können. Dadurch hat es ein Nachwuchskicker nicht leicht sich zu integrieren. Wenn dann noch Leistungsschwankungen, die in dem Alter normal sind, dazu kommen wird es ganz schwierig.
An den übrigen Spekulationen, die jetzt natürlich wieder aufkommen, will ich mich gar nicht weiter beteiligen.
Falk-Stéphane Dezort: Ich stimme euch zu: Wenn man rein nach den Zahlen geht, ist Guirassy der Mann der Saison. Es ist brutal, was er abgeliefert hat. CL-Torschützenkönig, und auch in der Bundesliga hat er dem BVB oft die Punkte gesichert. Was mich etwas stört, ist, dass er oft lamentiert und versucht, in Szenen einen Elfmeter zu schinden, in denen das sowas von unnötig gewesen ist.
Wer mich – vor allem in der Rückrunde – noch überzeugt hat, war Pascal Groß. Ich mag seine unaufgeregte Art und wie er oft ungesehen wichtige vorletzte und letzte Pässe gespielt hat.
Und Svensson hat mir in der Rückrunde auch viel Spaß gemacht.
Verlierer gibt es viele – leider mal wieder Julian Brandt, der oft zum Sündenbock geschrieben wird. Aber selbst die kickenden Kollegen sehen das so. Bei der Umfrage des Fachmagazins Kicker landete Brandt auf Platz 2 der Spieler, die am meisten hinter ihren Erwartungen zurück geblieben sind. Befragt wurden die Profis der 18 Bundesligisten.
Aber auch Spieler wie Couto, Can oder Adeyemi sind zu nennen. Eigentlich ist dazu jedes weitere Wort zu viel.
Bei Licht betrachtet haben sich Gittens, Duranville oder Reyna nicht weiterentwickelt. Wätjen erhielt gar keine Einsatzzeit. Haben die Jungen noch eine Chance oder ist die Zeit, als der BVB jedes Jahr einen Jungstar hervorbrachte, vorbei?
Falk-Stéphane: Klar haben wir junge Spieler mit Potenzial. Doch weder Duranville noch Gittens können ihr Können dauerhaft zeigen. Es fehlen die Wow-Momente – grad in den Spielen, in denen es der BVB schwer hat. Da schwimmen die genannten leider zu oft mit der durchwachsenen Masse.
Mit Wätjen, Campbell und Kabar hat man zwar potenzielle Youngster in den U-Teams, aber man muss sich solche Experimente leisten können. Dafür war der Druck das ganze Jahr über zu hoch. Und abartig in den Vordergrund gespielt hat sich das Trio auch nicht.

Andreas: Da der Druck die ganze Saison hoch war, trauten sich alle drei Trainer nicht, mal einen der Jungen wie Wätjen rein zu werfen. Gittens wirkte früh überspielt, brauchte eine Pause. Duranville kam zumeist als Joker und Reyna ging es genauso. Für Kabar lief der Auftakt mit seiner Roten Karte im ersten Spiel zudem denkbar schlecht. Vor allem die drei jungen Stürmer litten auch unter dem fehlenden Verständnis, was das Team auf dem Platz eigentlich vor hat. Es war ja nicht so, dass konsequent über die Außen nach vorn gespielt wird. Brandt und Beier laufen überall und nirgends herum. Die “Schienenspieler” Ryerson und Svensson drücken ebenfalls an der Seitenlinie nach vorn, wo bleibt da der Platz für einen Außenstürmer?
Dazu der Druck, kein Platz mal für ein schlechtes Spiel – nein, das war keine Saison für Nachwuchsleute. Der Druck, wieder mehr auf junge Spieler zu setzen, wird aber sicher größer werden. Wenn nur noch Spieler geholt werden, die bereits 20 oder 30 Millionen kosten, fällt es zunehmend schwerer, aus deren Transfers noch Gewinn zu erzielen. Da werden die Vereinsbosse schon hingucken, dass ihr Geschäftsmodell nicht den Bach runter geht. Die Aktiengesellschaft hat schließlich Anteilseigner zu befriedigen.
Oliver: Durch den Abstieg der U23 wird es auch nicht einfacher, diese auch bei Laune und am Spielen zu halten. Auch wenn jetzt einige mit Wechsel oder Ausleihe in Verbindung gebracht werden, hoffe ich doch sehr, dass auch aus der neuen U23 in der Regionalliga, es vereinzelt Spieler in die Erste schaffen. Ein positives Beispiel gibt es ja aus der letzten Regionalligasaison mit Knauf, der jetzt schon länger bei der Eintracht erfolgreich sein Unwesen treibt.
Die Fans haben wieder eine tolle Saison hingelegt. Das Stadion immer voll, auch wenn die Leistungen der Mannschaft das wahrlich nicht immer verdient hatten. Wie seht ihr die Performance auf den Rängen?
Oliver: Mit Gespür für die Situation, auch mal Drauf zu hauen, wenn es erforderlich ist, aber auch Leistung zu honorieren, hat sich die Süd mal wieder als guter Taktgeber fürs Westfalenstadion und auch für die Eventies gezeigt. Auch wenn diese Saison viel Geduld vonnöten war. Die Marktführung bei den Choreos, auch mal mit kleinerem Aufwand und doch sehr Sehenswert zu gestalten, ist wie immer obligatorisch. Die Verteilung des harten Kerns in die entlegenen Bereiche der Süd hat mehr oder weniger funktioniert.

Andreas: Es waren echt starke Choreos dabei. Das Westfalenstadion lebt natürlich vor allem von der geilen Stimmung, die von der Südtribüne ausgeht und am besten das ganze Stadion infiziert. Genau das gelang aber längst nicht immer. Auch wenn die Südtribüne weiter sang und sich mühte, gab es etwa gegen Augsburg – aber auch bei anderen Heimspielen – durchaus Momente, wo der Funke nicht überspringen wollte. Pfiffe, die sich die Mannschaft durchaus verdiente, waren dennoch die Ausnahme.
Die Unterstützung auch auswärts ist weiterhin beachtlich und macht den BVB zu einem gern gesehenen Gast in allen anderen Stadien.
Allerdings waren die eigenen Fans dem Verein nicht nur lieb, sie waren auch teuer. Der DFB belegte Borussia mit Geldstrafen von knapp 200.000 Euro für das Abbrennen von Pyro sowie Becherwürfe. Nun wollen wir gar keine Diskussion über Choreos und Pyros anzünden, aber Becherwerfen auf gegnerische Mannschaft oder Betreuer ist genau so hohl wie der hoffentlich leere Becher.
Falk-Stéphane: Da ich selbst nicht allzu im Stadion war, kann ich nicht viel sagen. Die Auftritte auf internationaler Bühne waren aber sensationell. Von Fanmarsch bis durchgehender Support trotz miserabler Leistung (Bologna) war alles dabei.
Bei Heimspielen sind die Choreos natürlich der Hammer. Aber man hat schon das Gefühl, dass die Süd in Spielen, in denen es nicht läuft, dann doch an Power verliert und nur der harte Kern wirklich unterstützt.
Im Stadion ist immer mehr Eventpublikum eingezogen.
Im letzten Teil unseres Blicks auf die ablaufende Saison geht es um Club-WM, Handlungsbedarf bei der Mannschaft und Streit ums Präsidentenamt.
Text: Redaktion, Bilder: Kirchner-Media.