Sechs Punkte waren für die beiden letzten Spiele in diesem Kalenderjahr das ausgelobte Ziel: Nach zwei 1:1 gegen Augsburg und Mainz stehen aber nur derer zwei auf der Habenseite. Einmal mehr sorgte der BVB bei seinen Fans für lange Gesichter, und das, obwohl die Terzic-Elf gegen den FSV, gegen den man nach dem bitteren 2:2 am 23. Mai in diesem Jahr eine Rechnung offen hat, stark startete, dann aber ebenso stark nachließ.
Von einem beinahe rauschenden Geburtstagsfest
im Westfalenstadion berichten Ingo Berchter und Falk-Stéphane Dezort
Eine fröhliche Geburtstagsparty sollte es werden, so jedenfalls wollten es die Fans. Mit einer stimmungsvollen Choreo begingen sie den 114. Geburtstag ihrer Borussia, die am 19. 12. 1909 das Licht der Welt erblickte. Und die Mannschaft? Sie war gewillt mitzuspielen bei dieser Party: In der ersten Viertelstunde kam Thomas Meunier zwei Mal zum Schuss, Donyell Malen auch, ebenso bringen Rami Bensebaini und Marcel Sabitzer Gefahr, und Jamie Bynoe-Gittens trifft Aluminium.
Da war man nicht umsonst ins Stadion gefahren – die Stimmung auf den Rängen war überragend. Und die Schwarzgelben hielten den Druck hoch. Bynoe-Gittens, Julian Brandt und Malen zeigten, dass hier eine der besten Offensiven der Liga auf dem Platz steht. Und nach einer halben Stunde war es soweit: Sabitzer wurde kurz vor dem Strafraum gefoult. Den fälligen Freistoß zirkelte Brandt perfekt über die Mauer – 1:0. Im direkten Anschluss das nächste Mal Alu, dieses Mal von Sabitzer.
Unnötiger Ausgleich
Es scheint, als wollten sich wirklich alle einbringen. Scheint: Denn kaum hatte der BVB das Tempo etwas rausgenommen, waren die Mainzer auch schon da: Nicht wie aus dem Nichts, sondern weil sie weniger Druck hatten, kamen die Gäste, zeigten, dass auch sie flanken können, und auch höher springen als die Borussen. So gabes in der 43. Minute in Person von Van den Berg nach mehr als sechs Stunden wieder ein Bundseligator für Mainz – ausgerechnet in und gegen Dortmund. Beim Halbzeitpfiff bedröppelte Gesichter auf dem Rasen und den Rängen – zumindest in schwarz-gelb.
Nach Wiederanpfiff sah man eine andere Mannschaft auf dem Platz – auf beiden Seiten. In den heimischen Farben auf keinen Fall die, von der sich einige Wiedergutmachung für die verspielte Meisterschaft versprochen hatte, und bei den Mainzern die, die an die Chancen, die sie nicht hatten, trotzdem glaubten, und alles reinwarfen. Mainz störte früh, attackierte und generierte Möglichkeiten. Es brauchte eine Viertelstunde, bis der BVB wieder stärker wurde.
Heimdebüt für Youngster Bamba
Und dann die Szene des Spiels? Dortmund wechselte in der 63. doppelt offensiv – und bachte nicht Marco Reus, sondern ermöglichte dem 19-jährigen Samuel Bamba sein Debüt vor Heimkulisse. Zusammen mit Haller sollte er, der schon gegen Augsburg sein Profidebüt feuerte, es jetzt also reißen. Was nicht gelang. Mainz wurde nicht zurückgedrängt, sondern kam weiter zu Chancen, und der BVB überzeugte offensiv nicht (mehr). In der 85. wurde Haller gefoult und musste vom Platz. Schwarzgelb hatte sein Wechselkontingent schon erschöpft, und musste zu zehnt weiterspielen.
Das schien mit mehr Platz deutlich besser zu gehen. In den Minuten bis zum Schlusspfiff sahen die Zuschauer noch einen Abseitstreffer des eingewechselten Gio Reyna, eine von Malen knapp verpasste scharfe Hereingabe durch den US-Amerikaner, und einen letzten starken Schuss von Malen, eben noch abgewehrt vom Mainzer-Schlussmann Daniel Batz. Den sah allerdings Aki Watzke nicht mehr, der ebenso wie – ungewohnt für das Westfalenstadion – etliche Zuschauer vor Abpfiff seinen Platz verlassen hatte. Wie man später beim TV-Sender erfuhr, gab es noch bis tief in die Nacht eine Krisensitzung in Watzkes Loge. Ergebnis: offen. Nach dem Spiel stärkte Brand seinem Trainer den Rücken – doch dieser Rückhalt für den Dortmunder Jungen Edin Terzic scheint sich zunehmend zu verringern. Inzwischen fordern auch viele BVB Fans in den sozialen Medien den Rauswurf.
Advent heißt Ankunft. Und für den BVB heißt das Ankunft in der harten Realität der Bundesliga-Normalität – einer Normalität, die sich der langjährige Vizekönig der Liga finanziell nicht erlauben kann. Im neuen Jahr stehen bis zum 10. Februar vier Spiele an. Und wenn seine Jungs aus denen nicht zwölf Punkte holen – dann ist spätestens an Aschermittwoch für Terzic alles vorbei. Und dem BVB steht eine harte Fastenzeit bevor.