Während die Profis in Frankfurt um Punkte in ihrem 1909. Bundesliga-Spiel kämpfen, versucht unser Redakteur seine denkwürdige T(ort)our nach Newcastle noch einmal zu rekaptulieren und in Worte zu fassen.

Es berichtet Falk-Stéphane Dezort

Dienstag, 24. Oktober: Da war er nun also gekommen – der Tag an dem es endlich seit der Corona-Pandemie für mich mal wieder auf Auswärtstour mit meiner geliebten Borussia geht. Schon beim erfolgreichen Ticketkauf im September – als die Arbeitskollegen nach einem lauten Jubelschrei dachten, ich bin nun komplett gestört – stieg der Puls ins Unermessliche. Die Route wurde gebucht: Auto zu teuer, Flug mit Angst keine Option. Als buchte ich eine Flixbus-Route. Über Frankfurt, Köln und Aachen soll es via Eurotunnel nach London gehen – dort umgestiegen weiter bis nach Newcastle. 24 Stunden pro Strecke: Was macht man nicht alles für seinen Lieblingsverein?

Bei der Abfahrt in Frankfurt noch der einzige Schwarz-Gelbe auf Tagesfahrt in den Norden Englands, gesellten sich schon am Kölner Flughafen weitere Borussen (aus Thüringen und der Domstadt selbst) hinzu. Mit im Gepäck abgepackte Döner, Pizzen, eine Palette sowie eine Kiste Kölsch. Mein erster Gedanke: beste Reisebegleiter.

Bustausch als einziges Problem

Ganz ohne Zwischenfälle verlief die Hinfahrt nicht. Bereits in Brüssel musste der Bus aufgrund eines „technischen Defekts“ ausgetauscht werden – auf irgendeinem Parkplatz einer Logistikfirma standen aber noch gut ein Dutzend weiterer Flixbus-Busse.

Mittwoch, 25. Oktober: Mitten in der Nacht erfolgte dann die Ankunft am Eurotunnel. Nach zwei Grenzkontrollen samt kompletten Gepäck aus- und wieder einladen, durfte die Reisegruppe weiter gen London fahren, pünktlich kam man in der englischen Hauptstadt an. Innerhalb weiterer sieben Stunden ging es von dort dann nach Newcastle – auf den letzten Autobahn-Kilometern wurde die Sehnsucht, endlich aussteigen zu dürfen, immer größer. Die Kölner-Kollegen hatten ihre Kölsch-Kiste noch immer voll mit dabei – wohl weil die Bus-Toilette klassischerweise Defekt war, wurde der Alkoholgenuss zeitweise eingestellt.

Fan-Invasion im Norden Englands

Im typisch-britischen Grau übernahmen rund 3000 Borussen dann die Innenstadt in Newcastle. Zahlreiche Restaurants und Pubs wurden in Schwarz-Gelb getaucht. Offenbar ein Highlight für viele Einwohner war der Fanmarsch vom Grey’s Monument in Richtung St. James Park. „Abgesichert“ mit ein paar Polizisten pilgerten wir mitten durch die Stadt zum Stadion – hin undwieder flogen Dosen und Flaschen. Dank zahlreicher Handys kam man sich durchaus vor wie im Zoo.

Ähnlich eingefercht war auch die Einlasssituation am Stadion. Durch engste Tore wurden wir ins Stadion geschleust, Menschen mit einem BMI von mehr als 28 mussten einen Seiteneingang benutzten, das Drehkreuz war dafür nicht ausgelegt. Und auch der Aufgang Richtung Block ähnelte einem Besuch im Fitnessstudio. Nach 140 Stufen hatte man es endlich geschafft.

Zum Spiel selbst ist alles gesagt. Der BVB erkämpfte sich einen wichtigen Dreier, um doch noch ein Wörtchen um das Weiterkommen in der Champions League mitzureden. Zwei Mal Aluminium gegen Ende der Partie ließ uns im Gästeblock den Atem stocken. Beim erlösenden Abpiff aber dann Ekstase. Die Anhänger von Newcastle United zeigten sich nach Ende der Dortmunder Blocksperre als faire Verlierer, gratulierten zum Sieg und freuten sich bereits auf das Rückspiel im Westfalenstadion am 7. November.

Völlig erschöpft, aber überglücklich ging es zurück ins Hotel.

Donnerstag, 26. Oktober: Nach einer kurzen Nacht und einem Besuch am Frühstücksbuffet wurde die restliche Wartezeit bis zur Abfahrt des Busses genutzt, um sich den St. James Park auch noch einmal im Hellen anzusehen. Schon ein schmuckes Ding.

Als einziger Borusse ging es dann aber erneut mit dem Flixbus zurück Richtung London, dann zum Eurotunnel und nach Stopps in Brüssel, Lüttich, Aachen und Köln wieder nach Frankfurt. Auch die Rückfahrt verlief ohne Komplikationen, keine Verspätung, nix. Da könnte sich so manches Unternehmen mit zwei großen roten Buchstaben im Logo eine Scheibe von abschneiden.

Aprospos: Die Kiste Kölsch wurde nie mehr gesehen. Legenden besagen, dass sie noch heute gut gefüllt in irgendeinem Flixbus durch halb Europa tingelt.