Zum Jahresausklang zittert sich der BVB zum ersten Auswärtssieg der Saison. Binnen fünf Minuten stellen die Borussen beim Spiel in der mit 28917 Zuschauern ausverkauften Volkswagen Arena in Wolfsburg im ersten Durchgang auf 3:0. Doch ein früher Anschlusstreffer nach einer Ecke sowie eine rote Karte in der zweiten Halbzeit gestalten das Spiel wieder offener, als es hätte sein müssen.

Aus der Volkswagen Arena in Wolfsburg berichtet Falk-Stéphane Dezort

Wenn man vor der Saison in den Fanlagern in Dortmund und Wolfsburg gesagt hätte, dass sich am 15. Spieltag der 11. und 10. der Bundesliga gegenüberstehen, wäre in beiden Fällen blankes Entsetzen ausgebrochen – denn beide Teams hinken ihren Erwartungen in dieser Saison weit hinterher. Demnach galt es – nicht nur für den BVB – im letzten Spiel des Jahres: verlieren verboten. Eine Extraportion Motivation gab es durch eine Choreo zum 115. Geburtstag des BVBs vor drei Tagen.

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Mit einer Choreo feierte der Gästeblock den 115. Geburtstag des Ballspielvereins. Foto: Dezort

Dortmunds Coach Nuri Sahin konnte bei der Aufstellung wieder auf Stammkräfte zurückgreifen – so fanden sich außer Schlotterbeck auch Brandt, Beier und Gittens in der Startformation. Groß rückte auf die rechte Außenverteidigerposition, und Can gab den zweiten Innenverteidiger. Die Westfalen, die seit dem 16. Spieltag der Saison 2021/2022 in keinem Spiel im Dezember mehr gewinnen konnten (3:0 gegen Fürth), und diese Saison auswärts magere zwei Pünktchen eingefahren haben, wollten ihren Fans einen versöhnlichen Abschied in die Winterpause und ein schönes Geschenk unter dem Weihnachtsbaum bescheren. „Es war ein Spiel mit vielen Facetten“, meinte Lars Ricken im Nachgang. „Nach dem Pokal-Aus hatten wir etwas wieder gutzumachen. Ich bin froh, dass wir den Fans ein Weihnachtsgeschenk machen konnten.“

Drei Treffer binnen fünf Minuten

Allerdings dauert es ein wenig, bis der BVB wirklich Gefahr ausstrahlen konnte. Nach einer Viertelstunde setzte Brandt den Ball aus 12 Metern über das Tor. Gleich tat es ihm auch Guirassy drei Minuten später, der sträflich frei gelassen wurde. Zum ersten Torschrei im Gästeblock kam es nach 25. Minuten. In Folge einer unberechtigten Ecke von Bensebaini fällt der Ball vor die Füße von Malen – der Niederländer ließ sich aus drei Metern nicht zwei Mal bitten.

Beier bejubelt seinen Treffer zum 2:0 in Darts-Manier. In der Winterpause dürften seine Augen auf den Ally Pally gerichtet sein. Foto: Kirchner Media

Der Treffer war auch der Startschuss der besten sechs Minuten der Hinrunde. Der VfL wusste gar nicht wie ihm geschieht. Zwei schnelle Spielzüge mit herzerwärmenden schwarz-gelben One-Touch-Fußball bei vier Grad Celsius sorgten für ein doch überraschendes 3:0. Erst versenkte Beier eine Vorlage von Brandt mustergültig mit dem Außenrist und Pfostenglück zum 2:0 (28.), ehe Brandt zwei Minuten selbst von der Strafraumkante abzog und sich auf die Torschützenliste eintrug.

Erst nach 35 Minuten kamen auch die Wölfe gefährlich vor der Tor von Kobel. Eine Flanke von der linken Seite machte Wind per Kopf richtig scharf. Svanbergs Kopfball aber war zu untplatziert und landete direkt in den armen von Kobel. Bis zur Pause ließ der BVB nichts weiter anbrennen. „In der ersten Halbzeit haben wir das Spiel einfach gehalten“, sagte Brandt nach der Partie. „In Halbzeit zwei waren wir zu träge, langsam – es war zu wenig Bauch-Fußball.“

Glanztat von Kobel – VfL wie ausgewechselt

Zwei Mal wechselte VfL-Trainer Hasenhüttl in der Pause. Für Svanberg kam Lukas Nmecha auf den Platz. Und er hatte nicht einmal vier Minuten die wohl beste Wolfsburger Chance im Spiel. Nach einem Steckpass beim, Can das Abseits aufhob, tauchte der VfL 10er alleine vor Kobel auf – aber der BVB-Schlussmann parierte mustergültig. Danach wurde der BVB wieder gefährlicher, schaffte es zunächst aber nicht, die Kontersituationen auszuspielen. Erst mit einem Schuss von Groß meldeten sich die Borussen zurück (53.). Im direkten Gegenzug verzog Amoura einen Abschluss aus 16 Metern.

Rieb sich im zweiten Durchgang auf dem Flügel oft auf: Jamie Gittens. Foto: Kirchner-Media

Der VfL kam wie ausgewechselt aus der Halbzeit – und belohnte sich. Nach einer Ecke von Arnold, bekam Vavro im Strafraum zu viel Platz 1:3 (58.). Der BVB wirkte jetzt eingeschüchtert und überfordert. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Gäste das Spiel aus der Hand gaben. Nach einem Fehler im Aufbau, kam Groß im Laufduell mit Nmecha zu spät. Schiedsrichter Jöllenbeck zeigte die rote Karte – es war schon der vierte BVB-Platzverweis in dieser Saison (62.). (Auch wenn er zu hart war – eine Notbremse war es keinesfalls). „Wir haben es uns extrem schwer gemacht“, monierte Brandt. Dennoch seien zwei Dinge richtig gut gewesen. „Wir haben nach dem Platzverweis leidenschaftlich verteidigt und alles reingeworfen“, meinte der Mittelfeldspieler. „Es war wichtig, dass die Serie endlich reißt.“

Dortmunds Pascal Groß verlässt nach seiner Roten Karte den Platz. Foto: Kirchner-Media

Sahin reagiert und brachte Anton für Malen. Den Freistoß setzte der VfL in die Mauer – den anschließende Konter über Schlotterbeck und Brandt landete beinahe als Eigentor im Wölfe-Kasten. Aber: Nicht einmal eine souveräne 3:0-Pausenführung reicht in dieser Spielzeit nicht, um ein Ergebnis mal ohne Drama nach Hause zu spielen.

Mit allem, was man hat

Nach 72. Minuten meldete sich dann auch mal der Kölner Keller, der sich beim Platzverweis durchaus mal hätte einschalten dürfen. Aus kurzer Distanz bekam Anton einen Ball im Strafraum an den Arm, die Wölfe forderten lauthals im ausverkauften Stadion Handelfmeter. Aber Jöllenbeck zeigte nach kurzer Überprüfung und Signal aus der Domstadt nicht auf den Punkt. Aus Dortmund-Sicht wurde es nun immer mehr eine Zitterpartie. Die Westfalen setzten nur noch auf Konter – die Wölfe warfen alles nach vorne. Und Kobel hielt, was es zu halten gab. Beispielweise Arnolds Abschluss aus 18 Metern (84.). Aber der BVB kämpfte und verteidigte mit Leidenschaft und warf immer wieder ein Bein in die Schüsse der Hausherren. Unter den Klängen von Jingle Bells aus dem Gästeblock besiegelte Jöllenbeck mit dem Schlusspfiff den ersten Auswärtsdreier in schwarz-gelb in dieser Saison.

Malen brachte den BVB nach Ecke in Führung und leitete damit die fünf besten BVB-Minuten der Hinrunde ein. Foto: Kirchner-Media

„Es war heute zwei gute Schritte – die werden uns gut tun“, ist sich Brandt sicher. „Wir wollen nach der Pause gegen Leverkusen und gegen Kiel die nächsten Siege und die Lücke schließen.“ Trotz einer schwierigen Hinrunde sieht Brandt den BVB auf einen Weg. „Man lernt mit der Situation umzugehen“, sagte er. Denn man habe im Jahr 2024 auch viel Positives erlebt. „Es ist nicht so, dass alles schlecht ist.“ In den sechs Jahren, die er beim BVB ist, sei man in der Winterpause nie zufrieden gewesen. „Ich vertraue der Mannschaft und dem Trainer zu 100 Prozent. Unser Weg wird viel Positives mitbringen.“ Wichtig sei nur, dass man mit der Entwicklung irgendwann auch ankommt.