Borussia Dortmund setzt seine Heimsiegserie fort und schlägt RB Leipzig mit 2:1. In einer spannenden und umkämpften Partie traf wieder einmal Guirassy zum entscheidenden Tor.

Aus dem Westfalenstadion
berichtet Andreas Römer

Ein Sieg gegen die Brausetruppe war eigentlich Pflicht – aber nach den letzten Spiel nicht erwartet. So ist in der Liga noch nicht allzuviel angebrannt. Mit den drei Punkten steht Borussia punktgleich mit dem Meister aus Leverkusen, zwei Punkte vor dem Vizemeister aus Stuttgart und nur noch vier Punkte hinter der ungeliebten Werbetruppe aus Leipzig.

Verletzungen erschwerten aber schon vor den Anpfiff die Aufstellung der Borussia. Da darf man ruhig einmal fragen, wo denn die Planer waren, als man kurz vor dem Ende der Wechselfrist reihenweise die Spieler ziehen ließ oder gar bewusst weggab. Zum Beispiel Coulibaly spielt für Brest in der Champions League und Tom Rothe gehört immer zu den Guten bei der Berliner Union. Die Plattitüden von Manager Kehl, „Wir stehen das gemeinsam durch“ oder von Präsident Lunow, „die Verantwortlichen genießen unser volles Vertrauen“ sollten einem grundsätzlich eher Angst machen. Das sind genau die Rückenstärkungssprüche, die alle Vereinsverantwortlichen kurz vor dem Rauswurf eines Trainers in der Vergangenheit in so gut wie allen Bundesligaklubs gesagt haben.

Ayman Azhil (Mitte) bei seinem ersten Bundesligaspiel für den BVB.

Auf der Ersatzbank waren gegen Leipzig bis auf Malen, nur Spieler der U23. Die Bundesligaerfahrung der Jungs auf der Bank summiert sich bei allen acht Spieler auf wenige Minuten. Sabitzer ersetzte Malen, der im Pokal nicht überzeugen konnte. Alternativen hatte Trainer Sahin eher nicht. Gegner Leipzig konnte dagegen fast aus dem Vollen schöpfen, alle vermeintlichen Verletzten war fit und in der Startelf. Lediglich Xavi fehlte.

Das letzte Aufgebot

Da Can in der Innenverteidigung gebraucht wurde, durften Sabitzer und Nmecha auf der Doppelsechs spielen, da Groß wieder als rechter Verteidiger aufgeboten wurde. Vorn sollte Beier über rechts kommen, in der Hoffnung, dass er hier mehr am Spiel teilnehmen konnte als das in Wolfsburg der Fall war.

Leipzig begann mit einer Dreier- bzw. Fünferkette und hielt sich zunächst einmal zurück, wartete ab, was der BVB so anbieten würde. So ergab sich ein optische Übergewicht, was sich für die Heimmannschaft auch gut anfühlen musste. Und der BVB kam sogar zu Chancen. Zunächst tanzte Gittens in der 10. Minute zwei Mann aus, gab den Ball butterweich und ein Strafraum und der Kopfball von Beier verfehlte das Tor nur um einen halben Meter. Im einer guten Phase hätte er den zumindest mal aufs Tor gebracht. Nur vier Minuten später hätte Gittens selbst das Tor machen müssen. Brandt spielte ihn von der rechten Seite an der Strafraumkante frei. Doch der Youngster vergab eher kläglich als er genau in die Mitte auf Torhüter Gulasci zielte. Der bedankte sich und hielt des Ball lässig fest.

Kampfspiel! Schlotterbeck rettet.

Das war es aber an Offensivaktionen der Schwarzgelben. Guirassy hatte offensichtlich Standprobleme und kam bei einigen hohen Anpielen dann nicht rechtzeitig in den Zweikampf, blieb somit blaß und wirkungslos.

Erster Schuss gleich die Führung für Leipzig

Was Effektivität sein kann, führten dann die Männer von Leipzigs Rekordtrainer Rose in der 27. Minute vor. Der erste Schuss aufs Tor war gleich drin. Henrichs hatte die Schnittstelle in der BVB-Abwehr mit einem Pass in die Tiefe ausgehebelt. Can rannte hinter Openda her, der aber mit einem Hackenball Sesko am Fünfmetereck fand. Der Slowene haute das Ding humorlos unter die Latte – keine Chance für Meyer.

Nur zwei Minuten später hatte erneut Gittens die Chance zum Ausgleich. Aus einem Getümmel kam er eher zufällig an die Kugel konnte im Eins-Gegen-Eins aber wieder nicht an Gulasci vorbei. Der lenkte den Ball zur Ecke. Das ist bislang ja auch keine Paradedisziplin der Borussia. Doch Groß fand Nmecha der den Kopfball drei Meter vor dem Tor auf den Boden setzte und Beier stopfte ihn aus zwei Metern über die Linie zum doch schnellen Ausgleich.

Der schnelle Ausgleich war wichtig für den BVB.

Dass der BVB sogar noch eine Ecke erzielte, machte schließlich noch einmal Hoffnung. Doch das Luftloch, dass Can vor dem Strafraum trat, statt den Ball zu treffen, wird sicher eines Tages im BVB- oder sogar im Deutschen Fußballmuseum gezeigt werden. Mit einem 1:1 ging es die Pause. Ein Ergebnis, mit dem man gegen so ein Spitzenteam sicher nicht unzufrieden sein muss. Leipzig war seit 19 Ligaspielen ungeschlagen, hat in dieser Saison schon sechsmal gewonnen.

Der BVB drückt nach der Pause

Nach der Halbzeit drückte der BVB noch einmal etwas mehr auf das Tor der Leipziger, die mittlerweile auf Viererkette umgeschaltet hatten. Richtig gefährlich wurde es aber nicht. Vielmehr konterten die Gäste immer wieder einmal und das Spiel hätte zu beiden Seiten kippen können.

Chancenverwertung wird wohl eines der Dinge sein, die Trainer Sahin in der Nachbesprechung noch einmal aufzeigen wird. Damit hatte es der BVB nicht so richtig. Beispiel gefällig? Ein Freistoß in der 48. Minute in bester Position am rechten Strafraumeck wurde von Brandt ziemlich übel einfach in die Mauer geschossen.

Kämpferisch waren alle Borussen und sicherten so den wichtigen Sieg.

Ganz anders Mal wieder Guirassy. Er wurde im zweiten Durchgang zum Matchwinner. Nicht nur wegen des Tores. Er ging weite Wege, riss Lücken, holte sich viele Bälle und verfolgte die Gegenspieler sogar bis an den eigenen Strafraum. SEIN Tor mache der Mann aus Guinea in typische Manier. Eine Flanke von Beier, nahe der Eckfahne geschlagen, köpfte er aus fünf Metern ins Eck. Zum einzigen Mal war Orban zu weit weg, Klostermann sprang unter dem Ball hindurch und Guirassy stand oder besser sprang goldrichtig.

Nach dieser 65. Minute entwickelte sich ein echtes Kampfspiel. Die Leipziger warfen alles nach vorn, die Borussen hielten mit allen Mittel dagegen. Es ergaben sie sogar einen Reihe von Kontermöglichkeiten, die aber zumeist nicht sauber ausgespielt wurden. Aber kämpferisch überzeugten die Schwarzgelbe, feuerten sich selbst immer wieder an und brachten das Spiel über die Zeit. Spektakuläre Rettungsaktionen (Can auf der Linie), Grätschen und sogar Ballwegschlagen wurden von den Fans lautstark gefeiert.

Dieses Engagement muss der BVB immer zeigen

Doch was kommt jetzt? Diese Frage werden sich nicht nur Fans, sondern auch die Verantwortlichen bei Borussia Dortmund stellen. Denn warum sind dieser Kampf und diese Leidenschaft in den Spielen in Augsburg und Leipzig nicht zu sehen gewesen? Na klar, die heimischen Fans haben auch beim Spiel gegen Leipzig einen tollen Job gemacht. Aber es waren auch ein paar Tausend Anhänger bei den Auswärtsspielen und haben ihre Lieblinge angefeuert. Hat halt nur nichts genutzt.

Sicher kann Trainer Sahin zumindest bis zum kommenden Dienstag mal wieder ruhig schlafen. Trotzdem werden beim nächsten Auswärtsspiel alle drauf schauen, ob seine Mannschaft das Phlegmatische ablegen kann. Gegen Graz zuhause geht der BVB vermutlich eher als Favorit ins Rennen. Die bislang in der Champions League punktlosen Österreicher sind zwar Tabellenführer kamen am Samstag aber gegen 10 Mann von Rapid Wien nur zu einem Unentschieden.

Andreas Römer (Text), Fotos: Kirchner Media / TH