Borussia Dortmund und Heimspiele in der Champions League: das passt einfach. Der BVB fegt im ersten Heimspiel der neuen Ligaphase die Schotten von Celtic Glasgow mit 7:1 (5:1) vom Platz. Vor allem in der ersten Hälfte nutzen die Borussen beinahe jeden Fehler der Gäste eiskalt aus. Man of the match ist Karim Adeyemi, der im ersten Durchgang gleich drei Mal traf und einen Elfmeter herausholte, dann aber verletzt ausgewechselt werden musste. Das 7:1 ist auch der höchste Sieg des BVB in dem Wettbewerb. Bisher war es der 6:0-Erfolg bei Legia Warschau am 14. September 2016. Das Rückspiel endete nicht weniger furios 8:4.

Aus dem Westfalenstadion berichtet Falk-Stéphane Dezort

Es sollte wieder einer dieser Abende werden – Dienstagabend, Flutlicht, Champions League. Schon in der Vorsaison sehnten die Borussen-Fans die Spiele in der Königsklasse herbei, weil die eigenen Lieblinge dort immer besser (zumindest effektiver) performten als in der Bundesliga. Und die Analogien sind kaum abzuwenden. Gegen Bochum startete der BVB mieserabel, lag schnell 0:2 hinten, drehte die Partie aber noch zu einem 4:2-Sieg. Große Jubelstürme löste das im schwarz-gelben Lager allerdings nicht aus: Das Heimspiel gegen Celtic Glasgow wiederum schon. Und wie!

Emre Can trifft nach sieben Minuten souverän vom Punkt zum 1:0. Foto: Kirchner Media

Can im Glück und Pech

Es waren keine sieben Minuten gespielt, da drückte Emre Can die Kugel per Elfmeter zum ersten Mal aus Sicht der Westfalen über die Linie. Auch der Ausgleich nur zwei Minuten später – Can köpfte im Strafraum unglücklich Daizen Maeda an – änderte nichts an dem Feuerwerk, das die Truppe von Nuri Sahin im ersten Durchgang abbrannte. “Es war eine riesige Energie auf dem Platz”, freute sich Kapitän Can nach der Partie am Mikrofon von Amazon Prime.

Bereits in der 12. Minute ging der BVB wieder in Führung. Karim Adeyemi nutzte einen Fehler der hoch pressenden Schotten mustergültig aus und traf sehenswert. Auch in der Folge spielten vorrangig die Schwarz-gelben. Nach teils großen Chancen von Jamie Gittens (16.) oder Serhou Guirassy (23.) hätte es schon früher deutlich werden können.

Dortmunds Karim Adeyemi war oft zu schnell für Celtics Defensive. Foto: Kirchner Media

Awesome Adeyemi

Für die nächste Stadionexplosion sorgte Adeyemi nach 29. Minuten. Eine Ecke, die eigentlich schon geklärt wirkte, landete bei dem Flügelflitzer, der sich vom linken Strafraumeck aus ein Herz fasste und die Kugel im Winkel versenkte, während alle – auch Kasper Schmeichel im Celtic Tor – mit einer Flanke rechneten. Aber damit nicht genug, nach einem Foul an Adeyemi zeigte der spanische Schiedsrichter José Maria Sánchez erneut auf den Punkt. Dieses Mal durfte Guirassy ran: Schmeichel ahnte zwar die Ecke, der Schuss war zu platziert – 4:1.

Und da die Gäste aus Schottland, die in der heimischen Liga bisher mit 20:0-Toren unbefleckt dastehen, in Dortmund das Abwehrspiel scheinbar komplett vergessen haben, veredelte Adeyemi nach einem katastrophalen Fehlpass von Torschütze Maeda seine bockstarke Leistung mit dem Tor zum 5:1-Pausenstand.

Schock nach der Pause

Sahin, das Team, das Publikum: Sie alle dürften mit der ersten Halbzeit zufrieden gewesen sein, unverändert ging es in den zweiten Durchgang. Doch dann, der Schock: Adeyemi blieb verletzt liegen und wurde nach nur drei Minuten für Julien Duranville ausgewechselt. Aber auch er passte sich dem Spiel wunderbar an und hätte nach 55 Minuten bereits auf 6:1 erhöhen können, zog im Duell mit Schmeichel aber den Kürzeren.

Dortmunds Serhou Guirassy jubelt nach seinem Tor zum 6:1 mit Dortmunds Nico Schlotterbeck. Foto: Kirchner Media

Besser machte es hingegen Guirassy. Der Torjäger bestätigte seine gute Form, ließ zwei Gegenspieler wie Trainingshütchen stehen und erzielte seinen ersten Champions League-Doppelpack (66.). Zuvor hatte auch Celtic hin und wieder mal kleine Torchancen – beispielsweise durch Nicolas Kühn (57.).

In der Folge nutzte BVB-Coach Sahin die komfortable Führung, um sein System mit Dreierkette unter Wettkampfbedingungen zu testen. Dafür nahm er Julian Brandt, Pascal Gross, und Yan Couto vom Feld und brachte Ramy Bensebaini, Felix Nmecha und Maximilian Beier. Das machte sich durchaus bemerkbar – der BVB war in der Offensive nicht mehr so zielgenau und konsequent wie bisher, und die Gäste kamen immer mehr zu Chancen – eine davon vereitelte Gregor Kobel in höchster Not (78.).

“Ich bin sehr glücklich”

Den Schlusspunkt setzte nur eine Minute später Nmecha. Nach seinem 4:2 gegen Bochum macht er auch gegen Celtic Glasgow den Deckel drauf und bescherte den Westfalen den höchsten Champions League-Sieg in der Vereinsgeschichte. Bis dato war der 6:0-Auswärtssieg bei Legia Warschau am 14. September 2016 der höchste Erfolg. Das Rückspiel war mir 8:4 nicht weniger furios. Und dank des zweiten Erfolgs im zweiten Spiel der Ligaphase rückt der BVB zumindest bis Mittwochabend an die Tabellenspitze im neuen CL-Konstrukt.

Ein bestens gelaunter BVB-Coach Nuri Sahin bei der Pressekonferenz nach dem Spiel. Foto: Kirchner Media

“Ich bin sehr glücklich. Wir haben heute deutliche Schritte in unserer Entwicklung gemacht”, sagte Sahin zur Leistung seiner Mannschaft. Aber: “Ich weiß das 1:5 gegen Stuttgart und heute das 7:1 gegen Celtic einzuschätzen. Wir haben jetzt eine Benchmark gesetzt. Da wollen wir hin.” Insgesamt sei es eine Performance gewesen, die einem Trainer nur glücklich machen könne – sowohl mit als auch gegen den Ball. “Es hat Vieles sehr gut funktioniert.”

Ein Lob gab es auch für Adeyemi: “Er hat sich für die Saison sehr viel vorgenommen. Das Gesamtpaket ist bockstark. Wir müssen es nun schaffen, dass er das alle drei Tage und in jedem Training auf den Platz bekommt.” Zur Verletzung erklärte Sahin, dass “Karim etwas gespührt” habe. Nun müsse man die nächsten 48 Stunden abwarten. “Wir hoffen, dass es nix Großes ist.” Denn bereits am Samstag geht es für den BVB in der Bundesliga mit einem Gastspiel bei Union Berlin weiter. Sahin hofft, dass bis dahin auch Donyel Malen wieder fit ist – er fehlte gegen Celtic krankheitsbedingt.

Die Dortmunder Fans auf der Südtribüne feiern nach dem Spiel ihre Mannschaft. Foto: Kirchner Media

Botschaft mit Nachspiel?

Für unrühmliche Szenen sorgte während des Spiels der Gästeblock. Vor der Partie noch mit einer brennenden Choreo das Team angefeuert, skandierten Vermummte zu Beginn des zweiten Durchgangs “Free, free Palestine”. Zudem wurden im Block zahlreiche Palästina-Flaggen geschwenkt. Das wird sicherlich ein Nachspiel haben, fährt die UEFA doch einen strikten Kurs gegen politische Botschaften auf Europapokal-Bühne. Und Celtic-Coach Brendan Rogers: “Das Spiel war für uns schwer anzusehen – es wurde jeder Fehler bestraft. Zuhause ist der BVB ein wirklich starkes Team.”

Celtic-Fans rufen „Free, free Palestine“ und zünden Pyrotechnik. Foto: Kirchner Media