Borussia Dortmund hat erstmals gegen Heidenheim gewonnen und mit dem 4:2 zumindest bis Samstagabend die Tabellenführung übernommen.

Aus dem Westfalenstadion berichtet Andreas Römer

Es war für viele Zuschauer im Westfalenstadion eine Art Déjà vu. Nach einer guten Viertelstunde führte der BVB gegen die Gäste mit 2:0 wie vor einem Jahr und trotzdem hatte man kurz vor dem Schlusspfiff Angst, dass die Heidenheimer wie vor einem Jahr doch noch einen Punkt mitnehmen könnten. Mit einem Elfmeter zu Beginn der Nachspielzeit erledigte Can aber alle Sorgen und traf lässig zum 4:2 Endstand.

Schon vor dem Anpfiff überraschte BVB-Trainer Sahin mit einer großen Rotation. Guirassy, Nmecha, Malen und Bensebaini starteten für  Beier, Sabitzer, Gittens und den gesperrten Schlotterbeck. Und der BVB legte los wie die Feuerwehr. Guirassy öffnete Räume, band mindestens einen Innenverteidiger, oftmals zwei. Die lauffreudigen Borussen nutzen die sich bietenden Räume und zeigten sich häufig am und im gegnerischen Strafraum, der ungewöhnlich und von Pfiffen begleitet in der ersten Halbzeit vor der Südtribüne war.

Den Spielaufbau übernahmen Groß und Nmecha, die beide richtig gut harmonierten und Nmecha zeigte, warum ihn der Verein vor gut einem Jahr geholt hat. Aufgedreht wie ein Duracell-Hase war auch Adeyemi, der nach seinen fünf Toren in zwei Spielen bei der U-21-Nationalmannschaft nur so vor Selbstbewusstsein strotze. „Wenn ich so ein Selbstbewusstsein habe, dann bin ich gut“, sagte Adeyemi nach dem Spiel.

Guirassy zeigt wie wichtig er werden kann

Und er war gut. Den ersten Treffer von Malen legte er auf, den zweiten und dritten erzielte er selbst.  Zusätzlich hatte er noch diverse weitere Möglichkeiten und versäumte in der zweiten Halbzeit seinen dritten Treffer, der beim Stand von 3:1 den Sack zugemacht hätte. Doch Adeyemi wollte auf Guirassy passen, damit auch der sich für seine gute Leistung belohnen konnte. Doch der Mann aus Guinea war schneller als der quergelegte Ball und verpasste sein erstes Tor für den neuen Arbeitgeber. Dennoch war Guirassy ein neuer Fixpunkt im Dortmunder Spiel. Er öffnete Räume, machte Bälle fest und für das erste Spiel im schwarzgeben Dress, funktionierten schon viele Dinge richtig gut.

Kurz und gut: Der BVB beherrschte das Spiel, hatte mehr als 60 Prozent Ballbesitz und Heidenheims Trainer Schmidt fand seine Mannschaft in den ersten 30 Minuten „nicht gut“. Man sei zu viel hinterhergelaufen, sei taktisch überrascht worden. Der Anschlusstreffer fiel dann auch ein bisschen wie so schön sagt, aus dem Nichts. Gerade hatte Adeyemi mit einem Heber den Ball über den Heidenheimer Kasten gesetzt, da segelte die erste Flanke in den BVB-Strafraum. Unbedrängt von Bensebaini flankte Traore und fand Pieringer, der Anton entwischt war. Der Heidenheimer lies sich nicht lange bitte und versenkte das Ding zum 2:1.

Doch wieder nur eine gute Zeigerumdrehung später setzte sich Ryerson rechts durch, seine flacher Hereingabe lies Guirassy passieren und Adeyemi stand am Elfmeterpunkt allein und schoss zum 3:1 ein. Also wie vor einem Jahr ging es mit zwei Toren Vorsprung für den BVB in die Pause.

Anderes Spiel im zweiten Durchgang

Und wie vor einem Jahr änderte sich das Spiel im zweiten Durchgang. Heidenheim zeigte sich jetzt noch aggressiver, alle Spieler zeigten Härte und mehr Willen, zogen dem BVB ein wenig den Stecker. Borussia verlor die Klarheit im Spielaufbau, lauerte zu viel auf Konter, die dann aber nicht gut ausgespielt wurden. Die erwähnte Chance von Adeyemi, Guirassy mit einem Seitfallzieher, da hätte der Deckel längst draus ein müssen.

Dann fiel auch das vermeintliche 4:1 doch in der Vorbereitung von dem Treffer durch den eingewechselten Sabitzer hat wohl Groß den Ball mit der Hand gespielt. Der VAR ließ  da nicht locker, das Tor wurde nicht gegeben. Das kennt man dann ja – auch wieder einer fürs Phrasenschwein – wenn du deine Chancen nicht reinmachst…. Heidenheim drängte und Kaufmann fiel im Dortmunder Strafraum. Süle hat ihn wohl berührt, aber wenn einer Spieler direkt nach dem Pfiff des Schiedsrichters derart in Jubel ausbricht, zeigt das vermutlich, dass er genau darauf spekuliert hatte. Eine der bescheuersten Fußballsprüche: „Er hat das Foul gezogen“.

Trotz Pfeifkonzert von vielleicht 78.000 der 81.365 Zuschauern, versenkte Breuning das Ding humorlos zum 3:2. Und es waren noch gut 15 Minuten zu spielen. Da waren sie dann wieder, die Bilder aus dem Vorjahr, das Déjà vu. Holen die doch noch einen Punkt?

Letztlich hat auch Trainer Sahin den Heidenheimer ein wenig geholfen. Nach den Wechseln von Couto für Bensebaini, Beier für Guirassy, Can für Brandt und Gittens für Adeyemi war auch das letzte bisschen Spielfluss der Borussia dahin. Die eifrigen Heidenheimer rackerten und der BVB musste dagegenhalten ohne selbst noch irgendetwas Sinnhaftes nach vorn zu schaffen.

Hilfe aus dem Keller

Die letzte Chance entsprang dann auch einem Zufall, ein Ping-Pong-Ball landet bei Beier, der sofort abschließt, aber eine Heidenheimer Bein war dazwischen. Eckball.  Den erwischt Süle nicht richtig, setzt nach und schießt erneut daneben. Mit Schweißperlen sehen die Zuschauer die angezeigte Nachspielzeit von 4 Minuten. Doch dann meldet sich der Kölner Keller. Der VAR hat gesehen, warum Süle nicht richtig an den Kopfball kam. Traore hatte beide Arme in der Luft und faustet den Ball wie ein Torhüter. Das hatte niemand im Stadion gesehen. Doch nach dem Blick auf den Monitor gibt Schiri Schröder Elfmeter.

Can tritt an und schiebt den Ball ziemlich lässig in die Mitte und beendet die Ambitionen der Gäste, im Westfalenstadion einen Punkt holen zu können. Der Rest der Nachspielzeit plätscherte dann dahin und der BVB springt für 20 Stunden an die Tabellenspitze, ist nach drei Spieltag noch ungeschlagen und hat sich – wie vom Trainer immer gefordert – weiter entwickelt.

Andreas Römer (Text), Foto: David Inderlied / Kirchner-Media