Mit einer über weite Strecken überzeugenden Mannschaftsleistung gelingt es der Elf von Lucien Favre dem Trend der vergangenen Tage entgegenzuwirken und nicht nur nach vorne zu glänzen, sondern auch im Defensivverbund dem Gegner aus Frankfurt nicht den Hauch einer Chance zu lassen. Ein Sieg auch des Willens zu Null spielen zu WOLLEN.
Die Ausgangslage
Wer hätte das gedacht? Nach den tollen Siegen und dem bezaubernden Einstand von Erling Haaland und den folgenden Niederlagen im Pokal gegen Bremen und zuletzt in Leverkusen steht der BVB gefühlt am Abgrund. Als Fan ist man schon wieder geneigt zu überlegen, ob es jetzt nun richtig ist noch zwei weitere Niederlagen hinzunehmen, um dann evtl. den Verantwortlichen die Möglichkeit zu geben die Reißleine zu ziehen und das Trainerkarussel wieder in Gang zu setzen? Oder ist es gut, weiter dem lieben Herrn Favre zu vertrauen und auf Kontinuität zu setzen? Aber welche Kontinuität?
Zu den Fakten. Die nicht gerade durch Passivität bekannte Eintracht von Trainer Adi Hütter (der ja von einigen Medien als Nachfolger von Favre ins Spiel gebracht wird) kommt mit einem Lauf und einer Torflut ins Westfalenstadion und trifft auf eine Borussia die (mal wieder) verunsicherter denn je ist. Hat die Mannschaft jetzt endlich aus den vielen defensiven Fehlern gelernt? Die Aufstellung ohne Akanji, dafür mit Piszczek, lässt zumindest vermuten, dass Favre eine Fehlerquelle aus den vergangenen Spielen erkannt und eliminiert hat. Haaland wieder von Beginn an, dafür ohne die verletzten Reus und Brandt.
Der Spielverlauf
Eine beeindruckende Choreo der Südtribüne zeigt, wer hier zuhause ist und wer hier den Ton angibt: Dortmund! Ist damit die Grundmelodie für das Spiel vorgegeben?
Can läßt gleich seinen Worten Taten folgen und grätscht den ersten Vorstoß der Frankfurter im Strafraum sicher ab, die Dreierkette mit Hummels, Zagadou und Piszczek steht, außer beo drei anfänglichen Wacklern, relativ sicher. Der erste Chance in der 09. Minute aus 20 Metern durch Guerreiro per Freistoß, der scharf geschossen an den Pfosten knallt.
Aus dem Spiel heraus lässt die Eintracht aber nichts zu. Beide Mannschaften egalisieren sich durch gutes Pressing und konzentrierte Abwehrarbeit.
Dann wird es dem Routinier Piszczek zu bunt und er schnappt sich einen Rückpaß von Hakimi aus der Abwehr der Frankfurter und drischt ihn durch die vielbeinige Abwehrreihen zum 1:0 in die Maschen, rechts unten in den Winkel. Keine Chance für Trapp. Außer dass der BVB bei den seltenen Vorstößen der Mainstädter sicher in der Abwehr agiert bietet die erste Halbzeit kaum weitere Höhepunkte.
Die zweite Hälfte fängt gut an. Feiner Paß von Witsel in den Lauf von Sancho, der in hohem Tempo einen Verteidiger und Trapp verlädt und links unten einnetzt. 2:0 (50.). Das war noch nicht alles. Guerreiro mit einem starken Ball auf Hakimi, der spielt schnell und schön Doppelpass mit Sancho und setzt dann Haaland in Szene. Der läßt sich nicht zwei mal bitten und schiebt zum 3:0 (54.) ein. Weiter gehts mit sehr dominanter Spielweise. Obwohl der Magen sagt, dass jetzt gleich der Punkt kommen müsste, an dem die Borussen nachlassen und doch noch einbrechen. Weit gefehlt. Das ist nur den Erinnerungen aus den letzten Partien geschuldet.
Bis zur 72. Minute ist immer noch keine Chance für die Eintracht zu verzeichnen. Hakimi setzt sich wieder sehenswert mit viel Geschwindigkeit auf der rechten Seite durch. Es folgt ein genaues Anspiel auf Haaland, der aber den Ball verstolpert. Guerreiro greift sich den Befreiungsschlag der Adlerträger ein und hält aus 20 Metern einfach drauf. Rechts unten schlägt der Strahl ins Eck. 4:0 (74.). Trapp schaut etwas ungläubig. Hier brennt heute tatsächlich nichts mehr an.
Die zwischenzeitlichen Wechsel von (64.) Dahoud für Can, (75.) Reyna für Sancho und (79.) Götze für Haaland sind dann schon Vorzeichen auf die Champions League Partie gegen Paris am Dienstag. Ein hochverdienter Sieg und eine überzeugende Abwehrleistung der gesamten Mannschaft. Was dieser Sieg wert ist werden wir in der nächsten Partie am Dienstag sehen.
Wer heute gut schlafen kann
Ein super aufgelegter Piszczek, der von Beginn an seine Mitstreiter, nicht nur durch seinen Führungstreffer, motiviert und seinen Einsatz mit seiner Leistung vollends rechtfertigt.
Ein mal wieder überragender Sancho, der an allen Ecken und Enden zu finden war und kaum wegzudenken ist.
Zagadou, der immer stabiler wirkt und dadurch auch seinen Nebenmännern Sicherheit gibt.
Guerreiro, der seine bestechende Form erneut bestätigen kann.
Die Süd, die vor der Partie eine atemberaubende Choreo mit Wechselmotiv abgeliefert hat, das selbst die Frankfurter (die selbst ja für ihre guten Choreos bekannt sind) ins Staunen kamen und nur durch eine pyrotechnische Antwort zum Beginn der zweiten Hälfte dagegen zuhalten versuchten.
Can, der sich sofort in die Mannschaft integriert hat und seine Spielzeit nutzte, um zu beweisen, dass man Worten auch Taten folgen lassen kann, und der kämpferisch und strategisch Akzente setzen konnte.
Wer Albträume hat
Bürki, der sich in den 90 Minuten so langsam Gedanken gemacht hat, ob er wohl noch gebraucht wird, und seinen Berater schon mal beim Jobcenter anfragen liess.
Trapp, der immer noch nicht genau weiß, von wo die Bälle eingeschlagen sind.
Adi Hütter, der zugeben musste, dass seine Adler heute chancenlos waren.
Stimmen
Kehl: Es war wichtig zu Null zu spielen; Eine gute Reaktion der Mannschaft in der Drucksituation in der wir stecken; Auch die Art und Weise wie dieser Sieg zu Stande gekommen ist hat mir gefallen
Can: Der Trainer hat uns sehr gut auf dieses Spiel vorbereitet und uns ganz ganz genau gesagt, wie wir anlaufen und vorne pressen sollen; es war wichtig, dass wir heute alle zusammen verteidigt haben; nach vorne, das weiß man, geht immer was; wenn wir so weitermachen und defensiv so stabil bleiben, kann es noch sehr erfolgreich werden.
Hütter: Verdienter Sieg des BVB, über 90 Minuten war ein Klassenunterschied zu erkennen. Wir konnten mit dem Ball nach vorne überhaupt keine Akzente setzen, eine verdiente Klatsche auch in dieser Höhe.
Favre: Wir sind nach dem 4:0 zufrieden, es war ein verdienter Sieg, wir haben immer weiter nach vorne gespielt, das zu Null ist wichtig.
Witsel: Wir sind sehr glücklich.
Borussia Dortmund: Bürki, Zagadou, Hummels, Hakimi, Piszczek, Can, Sancho, Haaland, Guerreiro, Witsel, Hazard
Eintracht Frankfurt: Trapp, Ndicka, Ilsanker, Kostic, Gacinovic, Hinteregger, Rode, Toure, Abraham, Chandler, Valente da Silva
Schiedsrichter: Dankert; Assistenten: Rohde, Häcker; Vierter Offizieller: Waschitzki; Video-Ass.: Brych
Zuschauer:
81365
14.02.2020, Text: Oliver Römer; Bilder: Falk-Stéphane Dezort