Borussia Dortmund steht im Achtelfinale des DFB-Pokals. Gegen Eintracht Frankfurt siegt der BVB mit 5:3 nach Elfmeterschießen. Die frühe SGE-Führung durch Knauff nach sieben Minuten, egalisierte Brandt kurz nach der Halbzeitpause (48.). 120 Minuten lang schenkten sich beide Teams nichts, sodass das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen musste. Während beim BVB alle Spieler trafen, schoß Frankfurts Doan den Ball in den hessischen Abendhimmel. Und Kobel ahnte bei Chaibi die richtige Ecke.

Aus dem Waldstadion in Frankfurt berichtet Falk-Stéphane Dezort

Den kürzesten Weg zu einem Titel gibt es bekanntlich im DFB-Pokal. Mit „nur“ sechs Siegen kann man im Mai den goldenen Pokal in den Berliner Abendhimmel recken. Und genau da will der BVB wieder hin: ins Endspiel in der Hauptstadt. Doch in der zweiten Runde wartete mit der SG Eintracht Frankfurt ein richtiger Brocken – zuletzt trafen beide Mannschaften im Pokalfinale 2017 ind diesem Wettbewerb aufeinander; damals mit gutem Ausgang für die Westfalen: Ballon d’or Sieger Ousmane Dembele und Pierre Emerick Aubameyang waren die Dortmunder Torschützen beim 2:1-Erfolg. In der Bundesliga hingegen zog der BVB im Waldstadion gegen Frankfurt des Öfteren den Kürzeren. Der letzte Sieg ist datiert vom 29. Oktober 2022 – ebenfalls 2:1.

Auf fünf Positionen veränderte BVB-Coach Nico Kovac seine Startelf. Foto: Kirchner-Media

Früher Rückstand durch Knauff

Im Vergleich zum Last-Minute-Sieg gegen Köln am vergangenen Wochenende änderte BVB-Coach sein Team auf fünf Positionen. Beispielsweise saß Serhou Guirassy nur auf der Bank. Maximilian Beier, Julian Brandt, Aaron Anselmino, Jobe Bellingham und Marcel Sabitzer rückten in die Startelf. Ramy Bensebaini fehlte komplett.

Die Borussia kam gut in die Partie, suchte sofort den Ballbesitz und den Weg nach vorn. Nach einer Hereingabe von Ryerson kommt Adeyemi aus halbrechter Position frei im Strafraum zum Abschluss, doch der Ball ging am linken Pfosten vorbei (6.). Besser machte es nur kurze Zeit später die SGE – genauer zwei EX-Borussen. Knauff vollendete ein herausragendes Zuspiel von Götze zum 1:0 (7.).

Wenn der BVB offensiv aktiv war, dann mit Karim Adeyemi (r.). Foto: Kirchner-Media

Auch nach dem Rückstand war der BVB zunächst das aktivere Team, hatte viel Ballbesitz. Diesen jedoch vorrangig in der ungefährlichen Zone. Wirkliche Strafraumszenen oder gar Schüsse auf das Tor sprangen trotz der Überlegenheit im Spiel mit dem Ball nicht heraus. Nach gut 30 Minuten übernahm Frankfurt zunehmend die Spielkontrolle und kam – anders als die Dortmunder – zu Schüssen aufs Tor. Allerdings blieb Kobel im Duell mit Chaibi (35.), Doan (38.) und Theate (40.) der Sieger.

Aaron Anselmino durfte in Frankfurt von Beginn an ran und hatte Glück, dass er zur Halbzeit noch auf dem Platz stand. Foto: Kirchner-Media

Anselmino im Glück

Kurz vor der Pause konnte die Kovac-Elf von Glück sprechen, dass sie nicht in Unterzahl weiterspielen musste. Anselmino, bei dem bisher im Spiel nach vorne wenig zusammenlief, lieferte sich ein Privatduell mit Frankfurts Brown. Nach einem Trikotziehen auf Höhe der Mittellinier verwarnte Jablonski den Borussen (43.). Keine 60 Sekunden später gerieten die beiden nochmals aneinander; Anselmino kam im Zweikampf zu spät. Das ausverkaufte Stadion im Frankfurter Stadtwald forderte die Ampelkarte – der Schiedsrichter hatte erbarmen und beließ es bei einer letzten Ermahnung.

Mario Götze (im Duell mit Dortmunds Schlotterbeck) hatte die SGE-Führung aufgelegt. Foto: Kirchner-Media

In der Pause reagierte Kovac und brachte Süle für den gelb-rot gefährdeten Anselmino ins Spiel. Auch schien es, als hätte der BVB-Coach die richtigen Worte gefunden zu haben. Dortmund spielte wieder nach vorne, und das sogar gefährlich. Bellingham verlagerte den Ball geschickt auf die rechte Seite zu Ryerson. Seine scharfe Hereingabe fand am langen Pfosten in Brandt den richtigen Abnehmer: 1:1 (48.). Dass Beier bei dem Angriff, der zum Tor führte, ganz zu Beginn mal im Abseits stand – also der Treffer in der Bundesliga nicht gezählt hätte – lassen wir mal so stehen. (Den VAR gibt’s im Pokal erst ab dem Achtelfinale – zum Glück).

Nun entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, denn das teilweise deutliche Zeitspiel der SGE war nun plötzlich nicht mehr vorhanden. Beide Mannschaften versuchten ihre schnellen Außenbahnspieler in Szene zu setzen – so recht gelang dies zunächst weder Frankfurt noch Dortmund. Die Zuspiele waren zu ungenau, oder ein gegnerisches Abwehrbein war dazwischen (64.).

Nach der Pause sorgte Julian Brandt für den Ausgleich. Foto: Kirchner-Media

Kobel mit Glanztat

Deutlich gefährlicher wurde es in der 69. Minute als dem BVB beinahe eine eigene Ecke um die Ohren geflogen ist. Die zweite Hereingabe landete direkt in den Armen von SGE-Keeper Zetterer, sein Abwurf in den Lauf von Knauff eröffnete den Hausherren einen schnellen Konter, an dessen Ende Kobel in höchster Not den zweiten Rückstand verhinderte.

Für die Schlussphase der regulären Spielzeit brachte Kovac frische Kräfte. Adeyemi, der offensiv viel für Unruhe gesorgt hat, dabei aber nicht immer glücklich aussah, machte Platz für Guirassy. Der Stürmer plagt sich seit der Elfmeter-Diskussion in Turin mit einer gewissen Ladehemmung vor dem Tor herum – ein Siegtreffer im Pokalspiel wäre ein gutes Zeichen (77.).

Mit seinen Paraden hielt Kobel den BVB in der Schlussphase im Spiel. Foto: Kirchner-Media

Dieser gelang aber auf der anderen Seite beinahe Doan – sträflich allein gelassen beziehungsweise nicht energisch genug verteidigt, setzte er seinen Schuss aus 16 Metern – zum Glück für den BVB – nur an die Latte. Und der eingewechselte Uzun scheiterte an Kobel (81.). Anschließend gehörte die Schlussphase wieder dem BVB, der mehr nach vorne machte und mit Silva noch einen frischen Stürmer von der Bank brachte (84.). Seinen verdeckten Schuss konnte Zetterer aber entschärfen (90.+1). Verlängerung.

Leitete mit seiner Verlagerung den Ausgleich des BVB ein: Jobe Bellingham (links). Foto: Kirchner-Media

SGE trifft, aber abseits

Nun kamen auch Nmecha und Chukwuemeka ins Spiel – und zwar für Torschütze Brandt und Sabitzer. Bis zum ersten Abschluss einer Mannschaft mussten die 59300 Zuschauer aber einige Zeit warten. Erst in der 102. kamen die Frankfurter (Doan), eine Minute später der BVB per Guirassy zu Tormöglichkeiten. Eines muss man den Teams aber lassen – beide spielten mit offenem Visier, immer mit Risiko und knackig in den Zweikämpfen. Es stellte sich nur die Frage: Wer macht den ersten Fehler?

Der Schiedsrichter nicht: In der 115. Minuten trifft die SGE nach einem Freistoß zum vermeintlichen 2:1. Doch Assistent Sascha Thielert hatte die Fahne oben – abseits. Und auf den TV Bildern war zu sehen: richtig. Daneben lag Jablonski einige Minuten zuvor, als er nach einer Grätsche an Ryserson weiterspielen ließ: Doch er wurde mit offener Sohle auf der Wade getroffen. Eigentlich ist das Rot, aber eigentlich wäre der BVB mit VAR schon als Verlierer unter der Dusche.

Kam zur Verlängerung in die Partie: Chukwuemeka Foto: Kirchner-Media

Die Lotterie entscheidet

Nach 120 Minuten Pokalkampf stand es weiter 1:1 – das Elfmeterschießen musste die Entscheidung bringen. Während beim BVB die ersten beiden Schützen, Silva und Süle, trafen, legte Uzun für Frankfurt nach, aber Doan schoß den Ball in den Nachthimmel. Als drittes kam Chukwuemeka für die Borussia, und auch er traf. Ex-Borussia Batshuayi, kurz vor dem Ende eingewechselt, verkürzte auf 2:3. Vierter Dortmunder Schütze war Nmecha – eiskalt zum 2:4. Und dann kam Kobel: Er ahnt die Ecke und packt gegen Chaibi zu: der BVB gewinnt den Pokalkrimi mit 5:3 n.E.

„Kobel hat heute ein besonderes Lob verdient“, sagte Lars Ricken. „Wir haben jetzt zwei nervenaufreibende Spiele hinter uns. Solche Siege machen was mit der Mannschaft – sie entwickeln eine Gemeinschaft, eine Verbundenheit. So schafft man ein Wir-Gefühl.“ Beeindruckt sei Ricken von der Kaltschnäuzigkeit wie souverän der BVB die Elfmeter im „Hexenkessel“ Frankfurter Stadion verwandelt hat. „Die Mannschaften haben sich nichts geschenkt. Das war ein Abnutzungskampf. Aber wenn man nach Berlin will, muss man solche Spiele gewinnen – auch in der 2. Runde.“

Jubeltraube vor dem Auswärtsblock nach dem Sieg im Elfmeterschießen. Foto: Kirchner Media