Nicht ganz unverdient aber dennoch sehr unglücklich verliert der BVB das Heimspiel in der Champions League Ligaphase gegen den FC Barcelona nach großem Kampf in der zweiten Halbzeit mit 2:3 (0:0). Mit den zwei verbleibenden Spielen in Bologna und zuhause gegen Donetzk sind die Westfalen aber weiterhin auf Kurs Achtelfinale. Schwerwiegender als die Niederlage dürften aber die erneuten Verletzungen sein. Can, Bensebaini, Schlotterbeck: sie allen verließen das Spielfeld angeschlagen. Letzterer musste vom Platz getragen werden.

Aus dem Westfalenstadion berichtet Falk-Stéphane Dezort

Es sollte wieder eine dieser Nächte werden – magisch, mit einer gewissen Aura. Doch davon war im Tempel erst einmal nichts zu sehen. Die Borussia, die mit Can, Duranville und Reyna in der Startelf begann, spielte zu behäbig und ängstlich im ersten Abschnitt. Wenn es gefährlich wurde, dann im eigenen Sechszehner. Schon in der dritten Minute verpassten innerhalb kürzester Zeit zwei Spanier nur knapp eine scharfe Hereingabe. Und ein Außenristpass über 30 Meter auf Raphina veredelte dieser beinahe zur Führung – der Ball ging jedoch knapp am Gehäuse vorbei.

Das Westfalenstadion versprühte vor dem Anpfiff die magische Champions League Aura. Foto: Dezort

Es dauerte gut 20-25 Minuten bis der BVB das Spiel ein wenig beruhigen konnte und die Barca-Angriffe nicht mehr im Sekundentakt auf Gregor Kobel zurollten. Ganz im Gegenteil, auch die Sahin-Elf suchte nun immer wieder die Chancen. Für einen Wachmacher sorgte ein Guirassy-Kopfball nach 40 Minuten. Auch wenn der BVB-Stürmer im Abseits stand, das Team und die Tribünen erkannten – es ist durchaus etwas drin. Eine Minute später der nächste Aufschrei. Guirassy kam im Strafraum der Spanier zu Fall und lamentierte vehement, der Pfiff des französischen Unparteiischen Francois Letexier blieb allerdings aus.

Offener Schlagabtausch in Halbzeit zwei

Zur Pause reagierte Dortmund-Coach Nuri Sahin und brachte Yan Couto für Julian Ryerson, der über Kreislauf-Beschwerden klagte. Das sorgte auf der rechten Seite für mehr Offensivgefahr. Gefährlich wurden die Hausherren aber zunächst über links. Eine Kombination von Gittens mit Sabitzer vollendete Guirassy. Aber der Schiedsrichterassistent hob die Fahne. Unten blieb diese nur wenige Augenblicke später auf der anderen Seite als Raphinha die Blaugrana in Führung brachte (53.).

Ex-Borusse Robert Lewandowski im Zweikampf mit Felix Nmecha (r.). Foto: Noah Wedel

Bestand hatte diese aber nicht lange. Nur fünf Minuten später kam Guirassy erneut im Strafraum zu Fall, dieses Mal zeigte Letexier auf den Punkt. Der Borusse blieb eiskalt und knallte den Ball unhaltbar ins linke untere Eck (1:1, 58.). Fortan ging es im Westfalenstadion hin und her: Erst verpasste Guirassy aus 20 Metern die Heimführung (62.), dann scheitern in einer Doppelchance Dani Olmo und Ex-Borusse Robert Lewandowski an Kobel und Nico Schlotterbeck (69.). Letzterer feierte jedes erfolgreiche Tackling wie einen eigenen Treffer.

BVB gleicht zwei Mal aus

Chancenlos war Kobel aber in der 75. Minute. Den ersten Abschluss nach Hereingabe von Koundé konnte er noch parieren, der Abpraller landete aber direkt vor den Füßen von vom Barca-Coach Hansi Flick kurz zuvor eingewechselten Ferran Torres – 1:2. Der BVB steckte nicht zurück und kam weiter zu seinen Möglichkeiten. Eine Gittens-Flanke setze Guirassy zunächst über das Tor (77.). Besser lief es nur einige Sekunden später – dem BVB gelang es, die Barca-Abseitsfalle aufzuheben: Der eingewechselte Pascal Groß erreichte den Ball vor Barcelona-Torwart Inaki Pena auf Abwegen und legte ihn quer zu Guirassy, der aus 20 Metern nur noch einschieben musste – 2:2.

Jules Kounde (Barcelona) und Jamie Gittens (Dortmund). Foto: Noah Wedel

Kurzzeitig lag auch die Möglichkeit auf einen Heimsieg in der westfälischen Luft. Es wäre der erste Sieg im fünften Duell mit den Spaniern gewesen. Aber einen Abstimmungsfehler von Gittens und Schlotterbeck bestraften die Gäste nach einem mustergültigen Konter und mit Torres gnadenlos (2:3, 85.), sodass der BVB, der mit dem Schlusspfiff nach einem Standard noch einmal knapp am Ausgleich vorbeischrammte, mit leeren Händen da stand. „Es kochte in mir“, sagte Nuri Sahin. „Mithalten können wir mit Bayern, Barca und Co. Ich will nicht hören, dass wir gut gespielt haben. Das tröstet mich nicht. Wir wollen zu Gewinnern werden. Dann müssen wir solche Spiele ziehen. Es geht nicht, dass wir solche Fehler machen“, ärgerte sich der BVB-Coach. „Wir wussten, dass für beide Mannschaften viel auf den Spiel stand. Wir wollen unter die ersten acht Mannschaften. Dortmund hat eine gute Offensive, die bei unseren Ballverlusten ihre Stärken ausspielen konnte. Aber wir sind stabil geblieben und zurück gekommen“, sagte Barca-Coach Flick nach der Partie in der Pressekonferenz.

Trotz Niederlage auf Kurs – Bangen um Schlotterbeck

Letztendlich nicht ganz unverdient, fand der BVB im ersten Durchgang so gut wie gar nicht statt, verlieren die Dortmunder wettbewerbsübergreifend das erste Mal in der Saison im eigenen Stadion. Für BVB-Keeper Kobel habe man aber „ein super Spiel“ gemacht und sei „mit dem Ball viel mutiger“ gewesen. Das Spiel sei „nicht nur für die Moral“ gewesen. Wichtig sei jetzt, dass man so weiter machen. Das Ziel – die direkte Achtelfinal-Qualifikation – ist mit den beiden verbleibenden Spielen gegen Bologna und Donetzk machbar. Nach sechs Spielen steht der BVB auf Platz neun mit zwölf Punkten.

Schwerwiegender als die Niederlage dürfte am Mittwochabend die womöglich schwere Verletzung von Schlotterbeck gewogen haben. Der 25-Jährige blieb nach der letzten Aktion der Partie am Boden liegen und signalisierte direkt, dass er starke Schmerzen hat. Nach dem Luftduell mit Pau Cubarsi knickte Schlotterbeck mit dem rechten Fuß um. „Die Bilder sehen schrecklich aus“, sagte Sahin zur Verletzung. „Ich hoffe, dass es nicht so schlimm ist. Das wird eine schlaflose Nacht.“ Auf der Innenverteidiger-Position ist man nach den Ausfällen von Süle und Schlotterbeck „nicht auf Rosen gebettet“. Es ist also denkbar, wenn nicht sogar zwingend nötig, dass der BVB im Winter bei dem kleinen Kader personell nachlegt.