Borussia beherrscht den FC Barcelona und schafft es nur nicht den Siegtreffer zu erzielen. Gegen Frankfurt wird es vermutlich aber ein ganz anderes Spiel werden.
Nein, er wollte oder sollte nicht ins Tor – der Ball. Borussia Dortmund schaffte es trotz klarer Überlegenheit nicht, das Runde im Eckigen unterzubringen. Trauriger Höhepunkt in dieser Hinsicht war ein verschossener Elfmeter von Marco Reus. Wobei man da durchaus die Sache auch umdrehen kann: Torhüter ter Stegen parierte mit tollem Reflex. Wie auch immer, drin war er nicht und das tat dann schon weh.
Schließlich bekommt man den FC Barcelona nicht so häufig im eigenen Stadion zu sehen und vor allem dürfte die Überlegenheit vom Dienstagabend auch nicht alltäglich sein. Der BVB kontrollierte das Spiel von der ersten Minute und machte vor allem hinten alles dicht. Fast 70 Prozent Ballbesitz hatten die Gäste – torgefährlich waren sie damit nicht. Selbst ihren neun Eckbälle brachten kaum einmal Gefahr für das Tor von Roman Bürki. Ja, der Ballbesitz-Fußball ist längst nicht mehr das Erfolgsrezept im Weltfußball. Barcelona tat den Schwarzgelben im Prinzip einen Gefallen. Lange Ballstaffetten ohne große Torannäherung, bitte schön, macht doch.
Wenn dann der Ball erobert wurde, sollte es dann schnell gehen, alles nach vorn. Umschaltmomente sind das Zauberwort im aktuellen Fußball. Und wenn man dann hinten einen überragend aufspielenden Mats Hummels hat, der seinen Innenverteidiger-Kollegen Manuel Akanji mitzieht, der dann sogar Kommandos zum Rausrücken erteilt – dann brennt da hinten nicht viel an. Dazu ein Raphael Guerreiro in Bestform und ein dynamischer, kraftvoller Acraf Hakimi auf den Außenpositionen – das wirkte schon alles sehr stabil, auch gegen die Weltklassestürmer Griezmann und Suares oder das „Wunderkind“ Fati und später Weltfußballer Messi. Nein Torchancen, also richtige Torchancen hat man für Barcelona nicht auf dem Zettel.
Auf der anderen Seite sind gleich acht Großchancen notiert, die der BVB allesamt liegen ließ. In Durchgang eins scheiterte Reus schon an ter Stegen und Sancho haute das Ding aus 18 Metern weit drüber. Im zweiten Abschnitt vergab Hummels per Kopf, Brandt knallte den Ball an die Latte, Reus zielte noch ein bisschen höher und schoss drüber. Den Rest hielt ter Stegen mit dem Elfmeter und zweimal gegen Alcacer. Wirklich ärgerlich.
Nun ist in der Gruppe F der Champions League durch das Unentschieden zwischen Inter und Slavia im Prinzip noch nicht passiert, der BVB steht sogar nach dem ersten Spiel gegen die vermutlich stärkste Truppe mit einem Punkt da. Doch es hätten halt drei Punkte sein können, wenn nicht gar müssen. Hoffentlich fehlen diese zwei Punkte nicht am Ende.
Insgesamt zeigte sich der BVB aber bärenstark. Die Abwehr stand wie eine eins. Im Mittelfeld zog ein ganz starker Witsel die Fäden und Delaney räumte ab, was abzuräumen war. Einzig Hazard fiel mit seiner Leistung ab. Er brauchte über eine Stunde bis er eine erste gescheite Aktion hatte – das war ein bisschen wenig.
Was lehrt und das alles? Gegen große, spielstarke Mannschaften kann der BVB groß aufspielen, die Abwehr hat sich mit Hakimi und Guerreiro stabilisiert und mit schnellen Angriffen kann jeder Gegner unter Druck gesetzt werden. Und der Haken daran? In der Liga gibt es nicht so viele große, spielstarke Mannschaften, die selbst das Heft in die Hand nehmen wollen. Leverkusen hat es versucht und ziemlich was aufs Dach bekommen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Frankfurter Eintracht am Sonntag, obwohl sie zu Hause spielt, dem BVB den Gefallen tun und einfach mal munter nach vorn spielen wird. Nein, in der Liga stellen sich die Mannschaften lieber ein bisschen weiter hinten auf, lassen den BVB das Spiel machen, damit der ja nicht zum schnellen Umschaltspiel kommt. Kurz und schlecht: Das Spiel im Waldstadion wird ein ganz anderes. Trainer Favre wird sich überlegen müssen, ob er tatsächlich „Zerstörer“ Delaney bringt oder vielleicht direkt einen Kreativen wie Brandt oder gar Götze aufbietet, um das Spiel noch ideenreicher zu machen.
Ja, in der Liga gibt es jetzt für alle Mannschaften zwei Spiele des Jahres: gegen die Bayern und den BVB. Das muss jedem klar sein. Gegen die vermeintlichen Schwergewichte geben sie alle alles, wollen unbedingt einen Punkt ermauern oder sonstwie einfahren. Das macht es nicht leichter für die Schwarzgelben. Frankfurt wird also eher der richtige Qualitätstest sein, wird zeigen, was die Mannschaft aus den ersten drei Spielen und vor allem in Berlin gelernt hat. Wie schön wäre es, wenn sie selbst mal wieder früh in Führung geht. Dann kann sie sich selbst ein bisschen zurückfallen lassen und die tollen Umschaltmomente zeigen – wir hoffen drauf!
Andreas Römer