Borussia Dortmund muss etwas ändern, wenn man weiter an die Saisonziele glauben will. Doch nach der krachenden Niederlage in Leverkusen weiß, man nicht so recht, wo man anfangen soll.

Hat der BVB die die nächste Krise? Davon schreibt zumindest Stefan Huber im Focus. Kritik gab es nach der Pleite gegen die Werkself von allen Seiten. Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann sagte bei Sky über das Abwehrverhalten der Borussia:  „Sorglos, verantwortungslos – das geht einfach nicht.“ Auf wa.de lesen wir: „In Sachen Defensiv-Arbeit verkörpert der BVB bestenfalls Mittelmaß. Der Mannschaft geht jede Balance zwischen Offensive und Defensive ab.“ Matthias Dersch schreibt im Kicker: „Die Dortmunder Abwehrarbeit ist verheerend“. Und Peter Penders kommentiert in der FAZ „Keine Spitzenmannschaft leistet sich defensiv so viele Aussetzer wie der BVB.“

Schon 14 Punkte verschenkt

Meister will man werden. Das hat man mutig zum Saisonziel ausgerufen. Doch Sport1 hat ausgerechnet, dass man bereits sechs Spiele leichtfertig verloren und damit 14 Punkte verschenkt habe. Auch Hamann erinnert an die blöden Punktverluste gegen Leipzig, in Hoffenheim und jetzt in Leverkusen und stellt fest: „Das darf dir einmal in der Saison passieren, aber doch nicht dreimal in sechs Wochen.“

Kann Emre Can der Defensive mehr Stabilität geben?

Ja, da liegt offensichtlich ein Problem vor. Es an einzelnen Spielern festzumachen, wäre vermutlich nicht fair. Natürlich sind es die Abwehrspieler, die sich krasse individuelle Fehler leisten. Doch häufig lassen Mittelfeldakteure die Räume offen und oder die Offensive leistet zu wenig Unterstützung. Die „Borussia ist nicht ausbalanciert und dementsprechend leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen“, meint Penders in der FAZ. Alles nicht neu und trotzdem scheint hier keine Besserung in Sicht.

Woran liegt’s?

Boris Büchler schreibt dazu auf ZDF online: „In entscheidenden Spielen und Spielphasen fehlt die körperliche Präsenz, fehlt der Wille gegen alle Widerstände anzukämpfen.“ Penders geht sogar einen Schritt weiter und moniert, die BVB-Spieler liefen in Leverkusen sieben Kilometer weniger als ihre Gegner. „Es scheint fast, als sei den Dortmunder Künstlern diese profane Arbeit viel zu simpel.“ Thilo Komma-Pöllath vergleicht bei Eurosport.de das Favre-Team mit einer „aufgeschreckten Schülermannschaft kurz vorm Abi“. Er vermisst vor allem Leader, Führungspersönlichkeiten auf und neben dem Platz.

Ist die Abwehr am Boden? Mats Hummels war es zumindest in dieser Szene in Leverkusen.

Als Fan sträuben sich tatsächlich die Nackenhaare, wenn man die Spiele beobachtet. Leipzig hatte keine Chance und der BVB schenkte mit einfachen Fehlern – Quatsch, Fehler?! Da hätte man den Ball auch direkt selbst ins eigene Netz schießen können. Zweimal einen der erfolgreichsten Stürmer der Liga den Ball freistehend vor dem eigenen Kasten in die Füße spielen, was soll man dazu eigentlich sagen. Dietmar Haman hat ja völlig Recht, wenn er sagt, dass die BVB-Truppe in Hoffenheim nach 80 Minuten mit vier oder fünf zu Null hätte führen müssen. Dann erlebten die Fans, wie die Mannschaft ohne Biss in den letzten zehn Minuten das Ding vergeigt. Pokalaus in Bremen – und Werder verliert anschließen sang- und klanglos gegen Union? Mann, was für ein Mist. Und jetzt Leverkusen

Findet er den Schlüssel? Trainer Lucien Favre

Blöd ist natürlich auch, dass man als Außenstehender, und das ist mal als Fan selbst wenn das Herz ganz eng mit dem BVB schlägt, keine Antworten bekommt. Die inhaltsleeren Phrasen von Trainer Favre scheinen aus dem Handbuch für Fußballlehrer zu stammen: 1. Kapitel „Wie ich viel rede ohne etwas zu sagen“ Intern wird ihm hoffentlich mehr einfallen. Vielleicht sind es auch die Worte von Sportdirektor Zorc („lahmarschig“), die endlich mal bei den Spielern etwas bewegen. Boris Büchler vom ZDF meint, es fehle ein passendes und schlüssiges Konzept beim Verteidigen und im Spiel gegen den Ball. Und Didi Hamann bemängelt, dass sich die Mannschaft nicht weiterentwickele.

Nicht falsch verstehen. Hier soll keine Favre-Raus-Stimmung aufkommen. Allerdings muss der sich eben doch fragen lassen, wie es sein kann, dass ein so gut besetzter Kader in einer Saison, wo viele andere schwächeln, nicht deutlicher vorn mitmischt. 14 vergebene Punkte! Damit hätte man in der Tabelle einen Vorsprung von zehn Zählern. Darüber darf man besser nicht nachdenken.

Dicke Brocken kommen ins Westfalenstadion

Und jetzt kommen wieder dicke Brocken. Zunächst Frankfurt, die auch immer für viele Tore gut sind, bei denen der BVB im Hinspiel ebenfalls zwei Zähler in der letzten Minute liegen ließ. Bei den jüngst gezeigten Leistungen beider Teams sollte man vermutlich auf ein 5:5 oder vielleicht wegen des Heimvorteils auf ein 6:4 für die Borussia tippen. Ein bisschen Angst bekommt man ja schon, wenn man an die schnellen Stürmer denkt. Ausgerecht hinten rechts hat der BVB eine Schwachstelle und dort ist Frankfurt mit Kostic bärenstark.

In der Woche folgt dann Paris, das mit dem Ex-Borussen-Coach Tuchel unbedingt in der Champions League was reißen muss. Der Scheich will für seine investierte Milliarde endlich einen großen internationalen Titel. Die mit Stars gespickte Truppe wird Fehler wie in Leverkusen gnadenlos bestrafen. Da zittert man schon ein bisschen und hofft für beide Spiele, dass sich die Mannschaft vielleicht ein bisschen was von Emre Cans Wunsch nach „dreckiger Verteidigung“ annimmt. Phrasen haben wir in jedem Fall genug gehört. Man will endlich mal eine Besserung sehen.

Andreas Römer, Fotos: Kirchner-Media