Der BVB überrollt Fortuna Düsseldorf – in der zweiten Halbzeit. 5:0 fegt die Favre-Elf die Rheinländer aus dem Westfalenstadion.

Das Thema ist kein ganz neues: Borussia Dortmund braucht eine starke zweite Halbzeit, um die Spiele für sich zu entscheiden. Vor allem im heimischen Stadion scheint das hinzuhauen, vor allem wenn die Platzwahl „normal“ verläuft und die Schwarzgelben im zweiten Durchgang auf die Gelbe Wand spielen können. Nicht zum ersten Mal hat das heute geklappt. Von den fünf Toren gegen eine total enttäuschende Fortuna fielen vier in der zweiten Halbzeit direkt vor den treuesten der treuen Fans.

Fortuna sieht schwarz

Ganz in Schwarz: Marco Reus

Der BVB spielte heute in komplett schwarzen Trikots, inklusive der Logos aller Sponsoren auf dem Trikot. Damit ehrte der Verein die Geschichte aus Kohle und Stahl. Vor einem Jahr endete der Steinkohlenbergbau im Ruhrgebiet ein Stahlwerk gibt es Dortmund auch nicht mehr. Borussia erinnerte kurz vor dem eigenen 110. Geburtstag daran, dass auch der BVB und die Stadt Dortmund auf Kohle und Stahl geboren sind. Das Sondertrikot wurde auch in einer Auflage von 9009 zum Verkauf angeboten – schon kurz nach Spielende waren alle Exemplare weg.

Nachdem der Trainer in der Standard-Pressekonferenz zwei Tage vor dem Spiel seine Standard-Antworten gegeben hatte und man danach genauso schlau war wie zuvor, lief der BVB tatsächlich einmal mit der erwarteten Aufstellung auf. Dreierkette mit Pisczcek, Arkanji und Zagadou; davor Witsel und Brand auf der Sechs und die Außen mit Guerreiro und Hakimi besetzt. Davor spielte Reus irgendwas zwischen 10 und 9, dazu dann noch die beiden Stürmer Sancho und Hazard, die munter die Seiten wechselten. Alles ganz logisch und eben auch typisch. Diskutiert man doch schon seit einiger Zeit, dass im Zentrum, vorn in der Box, ein Torjäger fehlt.

Selten gefordert: Manuel Akanji

Als wollte die Mannschaft genau diese Diskussion befeuern, spielte sie in Halbzeit eins nett, ansehnlich, auch durchaus nach vorn – zwingend war das allerdings nicht. Schnelle Kombinationen bis in den Strafraum gab es reichlich, aber immer war die Kugel auf dem Weg zum nächsten BVB-Kollegen, keiner versuchte mal das Tor zu erzielen. Da wünschte man sich schon mal einen Mittelstürmer alter Prägung wie Burgsmüller oder Lewandowski, die vorn solche Sachen einfach mal reinmachten.

Nichts Zwingendes

Das sollte niemand als Vorwurf an die Mannschaft verstehen. Sie agierte geschlossen, angriffslustig und attackierte die Fortuna direkt am deren Strafraum, schaffte 75 Prozent Ballbesitz, aber zwingend war’s halt nicht. Auch wenn die Statistik sogar 16 zu 1 Torschüssen ausweist, war sicherlich viel mehr drin. Denn von den 16 Schüssen musste Fortuna-Keeper Steffen gerade einen entschärfen. Reus hatte aus 16 Metern abgezogen und Steffen reagiert klasse. Der Rest waren ein Schuss von Brandt knapp vorbei, ein Schüsschen von Sancho oder ein Versuch von Witsel, der schon ein bisschen traurig aufs Tor kullerte.

Auf der anderen Seite stellte Fortuna nach vorn aber auch so rein gar nichts auf die Beine. Zehn-Tore-Mann Hennings ward nicht gesehen und BVB-Keeper Bürki durfte einen einzigen Ball fangen – eine Bogenlampe von Thommy bei der man nicht sicher sein konnte, ob das ein Torschuss oder eine Flanke werden sollte.

Doch noch das 1:0

Dann klappte es doch noch: Nach einer BVB-Ecke, bekam die Fortuna den Ball nicht weg und der Ball lief weitgehend ungestört durch die BVB-Reihen. Witsel, Akanji, Brandt, Pisczcek und schließlich völlig frei Reus, der aus elf Metern das Ding unten rechts versenkte. Schon drei Minuten später ging es in die Pause.

Die zweite Halbzeit ging es dann in Richtung Gelbe Wand – und die hat schon mehrfach in dieser Saison drei Tore in der ersten Reihe gesehen. Offensichtlich motiviert die stetige Anfeuerung von der Südtribüne die Jungs, die wieder einmal eine Schüppe drauflegten. Den Auftakt machte Zagadou schon in der 47. Minute als er aus 24 Metern abzog und Steffen zu seiner zweiten Glanztat zwang. Das war dann aber nur der Startschuss zu einem Feuerwerk an dicken Chancen.

Immer Vollgas: Achraf Hakimi

Als das vermeintliche 2:0 von Sancho vom Kölner Keller zurückgenommen wurde – erst nachdem die Hymne gelaufen und Nobby Dickel das Tor verkündet hatte – gab es einen Schulterschluss beider Fanlager. Obwohl Fortuna ja in diesem Fall ihrem Name alle Ehre machte und es weiter nur 0:1 zurücklag, hielt der Düsseldorfer Block ein Transparent hoch: „Videobeweis abschaffen“ und gemeinsam skandierten die Fans „Scheiß DFB“. Es ist aber auch ein Kreuz mit kalibrierten Linien und all dem Käse. Gejubelt wird demnächst immer erst nach Freigabe aus Köln? Klingt gruselig!

Die Borussia ließ sich aber nicht aus dem Konzept bringen und haute Fortuna dann eben noch ein paar reguläre Tore in den Kasten.

  • 58. Minute: Der bärenstarke Brand schickt  Sancho, der Hazard links in Szene setzt. Der Belgier stürmt allein auf Steffen zu und schlenzt den Ball zielsicher in die lange Ecke zum 2:0:
  • 63. Minute: Sancho auf links, Reus hinterläuft, erhält den Ball und spielt direkt wieder in den Lauf von Sancho, der aus 8 Metern keine Mühe hat auch unten rechts das Ding zu versenken. 3:0
  • 70. Minute: Hazard stürmt diesmal über rechts völlig frei auf dem Weg zur Grundlinie passt auf Reus, der aus fünf Metern nur den Fuß hinhält, Steffen tunnelt und auf 4:0 stellt.
  • 74. Minute: Brandt auf Sancho, der von der Mittellinie nach rechts Hazard schickt. Der wird aber von Hakimi überholt. Der Marokkaner läuft bis zur Grundlinie und kann sich dann gleich drei Borussen aussuchen, die den Ball versenken sollen. Er schiebt die Kugel zu Sancho, der sicher zum 5:0 verwandelt.

Danach verflachte das Spiel. Fortuna konnte heute sowieso nicht und er BVB dachte wohl, es reicht. Immerhin konnte die Fortuna einen zweiten Torschuss verbuchen – wow!

Der BVB hat heute eine tolle Leistung abgeliefert, auch wenn das vorwiegend auch die zweite Halbzeit zutrifft. Die Abwehr wurde überhaupt nicht gefordert und vorn erhielten die spielfreudigen Techniker echt viel Platz, um ihre Fähigkeiten auszuspielen. Überzeugt hat vor allem Brandt, der das Spiel großartig ankurbelte und seine Vorderleute immer wieder einsetzte. So etwas brauchte die Fanseele mal wieder. Ein klarer Sieg mit schönem Fußball. Blöd halt nur, dass Fortuna Düsseldorf wahrlich kein Prüfstein war.

Dank an die Südtribüne

Trotzdem sollte das Rückenwind für die nächsten Aufgaben am Dienstag gegen Prag und nächsten Samstag in Mainz geben. Immerhin gelang der Sprung auf Platz drei der Tabelle und man hat in 10 Tagen die Chance den Tabellenzweiten zu Hause zu schlagen. Vielleicht entwickelt die Südtribüne ja auch dann wieder ausreichend Magie.

Andreas Römer (Text), Bilder: Kirchner Media