Borussia holt etwas glücklich einen Punkt in der Turnhalle. Beim 0:0 bei den Blauen konnten die Schwarzgelben viel zu selten ihre Klasse zeige und müssen am Ende froh sein über das bereits vierte Unentschieden in dieser Saison.

Irgendwie gehemmt wirkte die Favre-Truppe. Derby-Galligkeit hatten vor allem die Blauen. Zu brav, zu unentschlossen waren die Aktionen der Borussen. Wie hat sich die Diskussion um Trainer und Leistung der gesamten Mannschaft aufs Gemüt gelegt? Immerhin wechselte der Trainer in der Abwehr. Der zuletzt glücklos (andere sagen schlecht) agierende Akanji, der ja auch auf der rechten Verteidigerposition nichts zu suchen hat, durfte auf die Bank. Piszczek durfte sein 13. Derby spielen. Links ersetzte Guereirro Schulz und vorn durften Reus und Götze ran, statt Hazard und Brandt. Und für den leicht erkrankten Bürki durfte Hitz zwischen die Pfosten.

Viele Aufbaufehler

Das alles wahrlich keine Mannschaft, die sich vor irgendeiner Truppe in der Liga verstecken muss, doch wieder einmal fehlte ein klarer Plan, fehlte es vor allem an Aktionen nach vorn. Das lag in erster Linie an der Ungenauigkeit, an der eigenen Schlampigkeit der Borussen. Mehr als 100 Fehlpässe sind es laut Statistik gewesen. Leider hat niemand eine Strichliste geführt, wie häufig im Spiel nach vorn der Ball einfach vertändelt wurde. Und da kann man niemanden ausnehmen: Witsel sonst die Garantie für einen ruhigen Moment, verlor fast jeden Ball, bekam das Spiel überhaupt nicht in den Griff. Sancho schaffte es nicht einmal, an einem Gegenspieler vorbei. Stockfehler im Minutentakt beim BVB;

Blaue Derbyhärte

Da war sie, die Derbyhärte, die Galligkeit – bloß meist auf der falschen Seite. Die Blauen erkämpften sich so eine optische Überlegenheit. Zum Glück waren sie dann letztlich auch nicht zwingend, Hitz musste nicht eine richtige Parade zeigen. Allerdings strapazierte die BVB-Abwehr die Nerven der eigenen Fans doch ein ums andere Mal. So war jede Ecke der Blauen ein Moment, die Luft anzuhalten. Und wie überraschend war es, dass diese meist auf Sane zielten. Witsel war dann auch in der 28. Minute zu weit weg und der Kopfball von Sane knallte an die Latte. Da hört man im Geiste schon wieder den Spruch, man könne so etwas nicht über 90 Minuten verteidigen – aber neben den fünf Euro ins Phrasenschwein ist das auch einfach Käse. Jeder weiß um die Gefährlichkeit von Sane und trotzdem kommt der völlig frei zum Kopfball.

Wenige Minuten später verlor Sancho den Ball und beim Versuch zu klären schoss Hummels Delaney ins Gesicht, der Ball kommt zu Serdar, der aber nur den Pfosten trifft. Das war eine tatsächlich typische Szene. Die Borussen kommen im Spiel nach vorn nicht an ihren Gegnern vorbei und die Blauen schaffen es nicht, diese Chance auszuspielen.

Die anderen auch nicht besser

Ja, so blieb das Derby schon ein bisschen enttäuschend. Hüben wie drüben langt es einfach nicht, mal einen durchdachten Angriff zu Ende zu spielen. Dass Matondo noch drei Chancen hatte, als er jeweils allein vor Hitz auftauchte, der Schweizer Keeper großartig hielt und dann der Schiedsrichter auf Abseits entscheidet, ist auch eine der Merkwürdigkeiten dieses 95. Liga-Derbys an der A40.

Selbst die Fans konnten das Ding nicht retten. Die Schwarzgelben sangen großartig gegen die blaue Übermacht an, kosten den Verein aber sicher wieder ein paar Tausend Euro, weil sie vor dem Spiel und nach der Halbzeit mit Bengalos die Tribüne einnebelten.

Keine Trainerdiskussion

Was macht das Spiel jetzt mit uns? Die öffentliche Anzählung des Trainers ist sicher nicht hilfreich. Nach dem Spiel wehrte sich auch Sportdirektor Zorc vehement, man führe keine Trainerdiskussion, man werde mit der Mannschaft sprechen. Ja, macht das mal! Scheint doch ein bisschen nötig. Nach der dicken Chance von Sancho nach zwei Minuten war vorn nämlich über 90 Minuten eher wenig los. Selbst wenn Borussia in der letzten Viertelstunde tatsächlich mehr vom Spiel zu haben schien. Doch auf dem Papier verfügt die Borussia über eine spielstarke, technisch versierte Mannschaft. Es kann doch nicht nur daran liegen, dass mit Alcacer der Knipser in der Mitte fehlt. Die Zahl der Chancen ist einfach zu wenig, der Spielaufbau scheint keinem System zu unterliegen, Automatismen funktionieren nicht.

Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht. Schon am Mittwoch geht im Pokal wieder gegen die andere, die falsche Borussia. Nirgendwo kannst du mit weniger Siegen einen Titel holen, deshalb gilt es hier in jedem Fall weiterzukommen. Dann kommt schon Wolfsburg, auch ein aktuelles Spitzenteam ins Westfalenstadion und den Dienstag drauf das ebenfalls wichtige Spiel in der Champions League gegen Inter. Also macht zu diesem Zeitpunkt eine Trainerdiskussion so gar keinen Sinn, aber es muss trotzdem was passieren.

Man weiß auch so gar nicht, was man auf der Arbeit am Montag den Fans der Blauen entgegnen soll, wenn sie davon faseln, wie viel Glück die Borussen doch hatten. „Sooo dolle war’s dann auch nicht“, könnte man schon mal üben. In Summe war es nämlich ein eher enttäuschendes Derby.

Andreas Römer (Text) Falk-Stephane Dezort (Fotos)